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XII. Licht und Finsternis

A/N: England, 100 Tage nach den Ereignissen in der Pariser Oper

Christine saß in der Sonne, Ayesha auf ihrem Schoß und gemeinsam genossen sie die Ruhe und die warmen Sonnenstrahlen. Seit wenigen Tagen durfte sie das Bett verlassen und für ein paar Stunden an der frischen Luft sitzen. Raoul, der sofort gekommen war, als er erfahren hatte, dass Christine auf dem weg der Besserung war, beobachtete sie aus dem Arbeitszimmer heraus. Er war erleichtert und froh, dass es ihr wieder besser ging, denn nun konnte er mit den Vorbereitungen für ihre Hochzeit beginnen, und endlich diesen haltlosen Zustand eines ehelosen Zusammenlebens beenden und Christine zu einer ehrbaren Frau machen.

Leise setzte er sich zu ihr auf die Terrasse und ergriff zärtlich ihre Hand.

"Mein Engel, es tut so gut, dich bei besserer Gesundheit zu sehen.", flüsterte er zärtlich.

Christine sah ihn gespielt liebevoll an, sie war so dankbar, dass sie als Opernsängerin auch Schauspielerin war, nur so konnte sie Raoul ihre wahren Gefühle verheimlichen. "Ich fühle mich auch schon viel besser.", meinte sie und schenkte ihm ihr schönstes Lächeln.

"Der Arzt meinte, wenn du weiterhin so rasche Fortschritte machst, wie in den letzten Tagen, wärst du bald wieder bei Kräften und dann könnten wir endlich heiraten.", sagte er liebevoll und hauchte einen Kuss auf ihre Hand.

"Es tut mir leid, dass ich so lange gekränkelt habe.", erwiderte sie schuldbewusst und senkte ihren Blick.

"Schh... nicht Liebes, du trägst keine Schuld an deiner Schwäche, mache dir keine Vorwürfe.", meinte Raoul sanft.

"Wenn du erlaubst, würde ich gerne Minette damit beauftragen meine Aussteuer zu besorgen. Ich habe schon eine Liste gemacht und ich vertraue ihrem Geschmack und sobald ich wieder gesund bin, kann ich die restlichen Besorgungen ja selber vornehmen.", sagte sie und verlieh ihrer Stimme einen euphorischen Unterton, als könne sie nicht abwarten, ihn endlich zu heiraten.

"Wie du willst Liebes."

Minette war noch am selben Tag von Raoul beauftragt worden, die Aussteuer für Christine zu besorgen und hatte den Auftrag erhalten, eine hochelegante Aussteuer zu besorgen, egal was es koste. Das war Minette natürlich recht, immerhin hatte sie einen geheimen Auftrag ihrer Herrin, den sie erfüllen würde. Zwei Mal in der Woche durfte Minette daher nach London fahren und für Christine Besorgungen machen.

Hundert Pfund kostete eine einfache Überfahrt erster Klasse auf einem Dampfschiff von Dover nach New York, die Quarantäne Vorschriften für Katzen, lauteten vier Wochen, wenn eine Einreise nach England länger als ein Jahr betrug, ansonsten zwei Wochen, hatte Minette in Erfahrung bringen können. Irgendwie musste man also Ayesha in die Quarantäne nach Dover bekommen, aber dies hatte ja noch Zeit. Wenn sie von allen Einkäufen wöchentlich dreizehn Pfund abzweigen könnte, könnte ihre Herrin in zwei Monaten reisen. Dreizehn Pfund, eine ungeheure Summe, aber irgendwie würde sie das schon schaffen, dachte sich das Mädchen, sie mochte Christine und wollte, das sie so schnell wie möglich nach New York kam. Sie würde ihre Herrin begleiten, da war sie sich sicher, denn sie wollte nicht unbedingt in England sein, wenn der Vicomte mitbekommen würde, dass seine Verlobte ihn hat sitzen lassen. Die dreißig Pfund für eine Überfahrt der einfachsten Klasse, würde sie sich schon irgendwie zusammen sparen können, von ihrem monatlichen Gehalt und ein paar Ersparnisse hatte sie ja schon.

Ohne es zu merken, schaffte es Minette immer wieder etwas Geld abzuzweigen, dank ihres Handlungstalentes und ihres französischen Charmes, konnte sie die Händler und Schneider immer davon überzeugen, dass der Rechnungspreis höher lag, als der wirkliche Preis. Und wenn sie am Ende der Woche dem Vicomte die Rechnungen und auch die Besorgungen vorlegte, war er äußerst zufrieden. So vergingen die Wochen, längst begleitete Minette Christine nur und man konnte noch etwas mehr Geld abzweigen, denn Christine störte es nicht in der dritten Klasse zu reisen, sie stieg zwar in der ersten Klasse ein, ging dann aber rasch weiter und gesellte sich zu Minette.

Fast sechs Wochen waren vergangen, Raoul hatte ihr bereits ein Brautkleid anfertigen lassen, es war zwar nicht so elegant wie Pariser Brautkleider, aber das eleganteste was in London zu bekommen war. Er hatte darauf bestanden, ihr ein Kleid zu kaufen, denn er wollte auf keinen Fall, dass sie das Kleid trägt, das sie von Erik bekommen hatte. Er wusste, dass sie es noch immer verwahrte, was ihm ein Dorn im Auge war, aber zu seiner Beruhigung konnte er sich immer wieder sagen, dass zwischen Erik und Christine ein Ozean war und dass sie ihn, Raoul, liebte und nicht dieses Ungeheuer.

"Raoul, kann ich dich um einen Gefallen bitten?", fragte Christine zaghaft, als sie beim Frühstück saßen.

"Aber gewiss doch. Was kann ich für dich tun."

"Weißt du, als wir damals in Dover angekommen waren, hatte ich auf dem Weg zum Bahnhof ein bezauberndes Schuhgeschäft entdeckt. In der Auslage stand ein wirklich wundervolles Paar weißer Schuhe, die perfekt zu meinem Kleid passen würden. Ich wollte dich fragen, ob du mir erlauben würdest mit Minette nach Dover zu fahren?", sagte sie und schaute Raoul fragend an.

"Dover?", fragte Raoul nach.

"Ja, ich weiß, der Weg ist lang, aber die Schuhe waren einfach entzückend.", schwärmte Christine und lächelte Raoul an.

"Nun, dann fahre.", meinte Raoul, "Ich will doch, dass du glücklich bist, Engel."

Gemeinsam fuhren sie nach London, wo Raoul für Christine eine Karte erster Klasse nach Dover löste und damit sie nicht alleine reisen musste, löste er ausnahmsweise für Minette ebenfalls eine Karte erster Klasse. Eine Stunde später saßen die beiden Frauen im Zug und waren erleichtert, dass alles so gut geklappt hatte.

"Ich hatte schon befürchtet, sie würde nicht still bleiben.", seufzte Minette erleichtert, als sie Ayesha aus der Tasche holte.

"Ich auch, aber sie scheint gespürt zu haben, dass es besser ist, wenn sie still ist. Ich hoffe nur, man glaubt uns, dass sie weggelaufen ist.", meinte Christine.

"Warum nicht, sie läuft ihnen doch sonst auch hinterher, wenn sie zum Bahnhof oder in die Stadt gehen und sie kommt dann erst nach Stunden wieder nach Hause."

Minette hatte die Katze in ihrer Tasche verstaut, wo Ayesha ruhig geblieben war, bis sie im Zug nach Dover waren, erst dort hatte sie gemauzt. Christine wollte nicht nur ein paar Schuhe kaufen, sondern auch Ayesha in die Quarantäne bringen und eine Passage nach New York lösen.

Gegen Mittag erreichten sie die kleine Stadt. Als sie das Schuhgeschäft erreichten, hatte das Geschäft gerade Mittagspause, so dass Christine mit Minette zum Hafen gehen konnte. Nach kurzer Zeit hatten sie den Schalter erreicht, sie atmete tief durch, denn sie war schrecklich nervös.

"Guten Tag, ich hätte gerne eine Passage nach New York, so bald wie möglich.", sagte Christine mit leicht zittriger Stimme. "Ich möchte meine Katze mitnehmen.", fügte sie noch rasch hinzu.

"Wann sind sie nach England eingereist?", fragte der Schalterbeamte nach.

"Vor knapp zwanzig Wochen."

"Dann können sie frühestens in zwei Wochen reisen."

"Das ist in Ordnung.", meinte sie und schaute sich nervös um.

"Auf welchen Namen, darf ich die Passage reservieren?"

"Madeleine Belmonde.", sagte Christine nun mit sicherer Stimme, wie äußerst praktisch es doch war, dass sie bei der Überfahrt diese junge Frau kennen gelernt hatte, die ihrem Mann nach Schottland gefolgt war.

Eine halbe Stunde später, waren alle Formalitäten erledigt, sie hatte ihre Passage hinterlegt, Ayesha war in Quarantäne, einige Sachen, die sie außer Haus geschmuggelt hatte, durfte sie bei der Katze lassen, damit sie einen vertrauten Geruch hatte und ihre Herrin nicht allzu sehr vermissen würde. Alles war geplant, in zwei Wochen, würde sie wieder herkommen müssen, um die Passage nach New York zu nehmen. Schnell gingen sie wieder in das Schuhgeschäft und wollten den Schuh kaufen, der Christine so gut gefallen hatte. Unglücklicherweise, war der Schuh zu klein, also musste er erst angefertigt werden und das dauerte gut zwei Wochen, wie ihr der Schuster freundlich erklärte. Christine hatte wirklich Glück, sie müsste in zwei Wochen wieder herkommen und müsste dafür Raoul nicht einmal anlügen, wenn er argwöhnisch werden sollte.


A/N: New York, Tag 100 nach den Ereignissen in der Oper

Die Schatten der Vergangenheit waren besiegt, zumindest schien es so. Es gab keine Anfeindungen, keine Morde, keine dunklen Keller, es gab endlich Licht in seinem Leben. Erik wagte sich sogar am Tage heraus, mit tief ins Gesicht gezogenem Hut und einem Mantel mit hohem Kragen ging er durch die Straßen von New York und begutachtete den Fortschritt der vielen Bauprojekte, die ihn schnell zum Star unter den Architekten und vor allem reich gemacht hatten.

Tagsüber führte er ein unbeschwertes Leben, sein Haus nahm zu seiner größten Genugtuung mehr und mehr Formen an. Im Ersten Stock wurde bereits mit der groben Innendekoration begonnen, während der zweite Stock noch fertiggestellt wurde. Das Dach war bereits fertig, der Schwimmteich glitzerte bereits in der Sonne, der Garten erblühte bereits in den prächtigsten Farben. In den bereits fertigen Räumen stapelten sich bereits die Kisten mit seinem Besitz und im künftigen Musikzimmer standen bereits mehrere große Kisten, in der einen befand sich ein herrlicher Flügel und in den anderen, waren Bestandteile seiner neuen Orgel, die er, sobald der letzte Bauarbeiter das Gelände verlassen hatte, selber aufbauen würde.

Nur nachts plagten ihn noch immer die Erinnerungen, an seinen kleinen Engel. In den dunklen Stunden der Nacht, stand er oft auf der Terrasse, die in seinen Garten hinabführte und dachte an Christine. Oft begann er dann leise zu Singen und ließ seinen Tränen freien Lauf, für ihn war es falsch gewesen, sie gehen zu lassen, aber um Christine glücklich zu wissen hatte er sie ziehen lassen und bezahlte nun den Preis dafür. Wenn er um sie geworben hätte, wie jeder andere Kavalier auch, dann hätte er wenigstens eine winzige Chance gehabt, aber so, hatte er alles falsch gemacht und seinen Engel für immer verloren. Das er nun allein war, war die gerechte Strafe, für sein Fehlverhalten.

Die Tage und Wochen vergingen, Familie Bernard lebte in einem wunderschönen Anwesen und war zufrieden, selbst Madame Bernard unterließ es mittlerweile Erik schlecht zu machen auch wenn sie ihm noch immer nicht recht traute, so bereute sie zumindest nicht, ihm mit ihrer Familie gefolgt zu sein. Erik hingegen zog sich mehr und mehr zurück, Jules brachte ihm die neuen Aufträge, nahm alle Anweisungen entgegen und trug sie weiter, was nicht weiter verwunderlich war, denn so war es immer gewesen. Doch Jules bemerkte, dass es Erik nicht gut ging, seine Arbeit war perfekt wie immer, doch sein Erscheinungsbild ließ zu wünschen übrig. Sonst begegnete er Erik immer in makellosen Anzügen und Hausmänteln, doch seit Tagen schon, trug er lediglich Hose und Hemd und dies oft mehrere Tage. Wenn Jules nicht alle drei Tage zu ihm kommen und ihn daran erinnern würde, seine Kleidung zu wechseln, würde er bald stinken wie die Ärmsten, die sich nicht einmal Wasser leisten konnten. Er ließ sich gehen und das war bisher nie vorgekommen. Während sich Christine in England erholte, begann er zu kränkeln, zumindest seelisch.

Es gab nichts, was Erik aufmuntern konnte, nicht einmal ein Brief von Nadir, vermochte es, seine trüben Gedanken abzuschütteln und nach vorne zu blicken. In seinem Arbeitszimmer, der erste Raum, der fertiggestellt worden war, stapelten sich die Einladungen zu Bällen, Dinners, Theaterabenden, Picknicks und Pferderennen. Offensichtlich wollte jeder seiner Kunden, den Meister persönlich kennenlernen, doch Erik ignorierte die Einladungen und blieb in seinem Schneckenhaus. Gerüchte begannen sich breit zu machen, dass er vielleicht ein Entflohener sein könnte, der fürchtet gefunden zu werden, oder er vielleicht ein Verbrechen begangen haben könnte. Dank Jules' Überzeugungskraft verstummten diese Gerüchte recht schnell, als er erklärte, dass Erik sehr scheu sei, weil er wegen seiner Begabung schon oft angefeindet worden sei und seitdem gesellschaftliche Veranstaltungen jeder Art mied.

Nicht einmal Ayesha schaffte es Erik von seinen trüben Gedanken abzulenken, wenn sie sich an ihn schmiegte, streichelte er sie gedankenverloren. Die Welt zog an ihm vorüber, als wäre er eine leblose Puppe, die am Leben nicht teilnahm. Mehr denn je plagte ihn seine Einsamkeit und mehr denn je fiel es ihm schwer die Bürde seiner Einsamkeit zu tragen. So häufig wie in den letzten Tagen, hatte er sein ganzes Leben nicht an Selbstmord gedacht, beinah täglich hielt er einen scharfen Dolch in seinen Händen, um sich die Pulsadern aufzuschneiden, doch irgendetwas hielt ihn zurück, er war nicht einmal in der Lage, sich eine Überdosis Morphium zu setzen, er war einfach nicht fähig seinem Gott verdammtem Leben ein Ende zu setzen.


A/N: zurück in England

Es war später Abend als Christine zusammen mit Minette nach Windsor zurückkehrte. Raoul war zum Bahnhof gekommen, um sie abzuholen, er lächelte, als sie aus dem Zug stieg und sich suchend umsah. Erst als sie beinah an ihm vorübergegangene war, gab er sich zu erkennen und zeigte sich hinter einem großen Strauß weißer Rosen.

"Oh, Raoul, die sind wunderschön.", sagte sie sanft und umarmte ihn innig.

"Nicht so schön wie du, Liebes.", entgegnete er und legte seinen Arm um ihre Taille. Eng umschlungen gingen sie zu seiner wartenden Kutsche und fuhren wieder nach Hause.

"Und hast du die Schuhe bekommen, die du wolltest?"

"Ja, doch leider waren sie zu klein und müssen nun erst angefertigt werden."

"Das tut mir leid. Ich hoffe, sie werden bis zur Hochzeit rechtzeitig fertig."

Christine sah ihn freudig überrascht an, "Du hast schon einen endgültigen Termin?", fragte sie euphorisch.

"Ja, Liebes, in 17 Tagen, werden wir endlich heiraten können.", flüstertete er ihr ins Ohr und küsste sanft ihren Hals.

"In zwei Wochen kann ich die Schuhe abholen, rechtzeitig zur Hochzeit.", sagte sie, und schaute ihm scheinbar verliebt in die Augen.

Am späten Abend hatte Raoul ihr gestanden, dass Ayesha seit dem Morgen spurlos verschwunden war und wie nicht anders zu erwarten, war Christine in Tränen ausgebrochen. Völlig verzweifelt hatte sie im Dunkeln nach ihrer Katze gesucht, sie hatten, bei schwachem Kerzenlicht, den Garten abgesucht und waren dann auch den Weg zum Bahnhof abgegangen, in der Hoffnung, das kleine Siamkätzchen zu finden. Auch die nächsten Tagen suchten sie weiter, die Bediensteten gingen von Haus zu Haus und fragten, ob man ein helles Siamkätzchen gesehen habe, doch immer waren sie mit schlechten Neuigkeiten zurückgekehrt und Ayesha blieb spurlos verschwunden.

Nach zwei Wochen war Christine völlig fertig mit den Nerven, ihr geliebtes Kätzchen war spurlos verschwunden, des Nachts machte sie kaum ein Auge zu, so dass sie unter ihren braunen Augen dunkle Schatten. Sie weinte die meiste Zeit des Tages, wenn Raoul aus London zurückkam, um sich anschließend von ihm trösten zu lassen.

"Christine, meinst du, du wirst in drei Tagen genug Kraft haben?", fragte Raoul beim Frühstück besorgt.

"Ich denke schon.", flüsterte Christine und versuchte ihr Haltung zu wahren. "Ich werde gleich nach dem Frühstück mit Minette nach Dover fahren, meine Schuhe abholen.", sagte sie tapfer und lächelte Raoul an.

Erleichtert ergriff er ihre Hand und küsste sie zärtlich. "Ich liebe dich.", flüsterte er ihr ins Ohr. Endlich würde ein endgültiger Schlussstrich unter die schrecklichen Ereignisse des Winters gezogen werden. Glücklich und zufrieden begleitete er Christine zum Morgenzug nach Dover.

"Am Nachmittag bin ich wieder zurück, Raoul.", sagte Christine beim Abschied.

"Ich werde heute später nach Hause kommen. Heute Nachmittag ist noch eine Sitzung der Gesellschafter, aber zum Dinner bin ich wieder bei dir, mein Liebling."

* * *

Die Fahrt nach Dover schien kein Ende zu nehmen, die Stunden zogen sich unerträglich in die Länge. Ihre Nervosität stieg ins schier unermessliche, sobald sie ankommen, mussten sie schnell zur Quarantänestation Ayesha und das dort deponierte Gepäck abholen und dann ganz schnell zu ihrem Schiff.

"Mademoiselle, keine Sorge, wir werden das Schiff bekommen und der Vicomte wird uns nicht aufhalten können.", munterte Minette Christine etwas auf. Vor zwei Tagen hatte das Mädchen Christine gestanden, dass sie sich ebenfalls eine Passage nach New York besorgt hat und sie gerne begleiten wollte. Christine war darüber sehr glücklich gewesen, so würde sie nicht allein sein müssen. Wäre Minette geblieben, Raoul hätte gewiss alles versucht herauszubekommen, wo sie abgeblieben sei, obwohl er es sich bestimmt denken könnte, wenn er clever war.

"Schnell, Minette, wir müssen uns beeilen.", rief Christine Minette zu, die beladen mit einer Tasche und einem Beutel hinter Christine herlief, um das Schiff zu erreichen, dass bereits die Dampfmaschinen angelassen hatte. Christine trug ebenfalls eine Tasche, einen Beutel und Ayesha im Arm.

In letzter Sekunde erreichten die beiden Frauen das Schiff und gingen an Bord. Erleichterung machte sich bei Christine breit, als das Schiff abgelegt hatte und die Küste Englands sich langsam entfernte. Das Schiff würde direkt, ohne weitere Zwischenstops nach New York fahren und wäre in zwei Wochen, wenn das Wetter mitspielte, in der Neuen Welt sein.

"Ich bin auf dem Weg zu dir, mein Engel. Halte aus, bald bin ich da.", flüsterte sie in den Wind hinaus, als sie am Abend an Deck stand und gen Westen schaute. Wie sehr sie sich doch wünschte, schon die Lichter New Yorks am Horizont zu erblicken. "Ach, wenn ich doch schon bei ihm wäre.", seufzte sie und blickte zu den Sternen, die den Horizont sanft berührten.




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