Die
Frage nach den verwendeten Stoffe lässt sich
rasch beantworten, denn sie sind überschaubar in
der Zahl.
Schon um 3.000 v.Chr. waren die Ägypter in der
Lage qualitativ hochwertige Stoffe herzustellen,
demnach kann man vermuten, dass die Menschen am
Nil schon seit Generationen Erfahrung in der
Herstellung von Stoffen hatten. Als erstes denkt
man sofort an Leinen, welches die Ägypter aus
Flachs herzustellen wussten, doch es gab neben
pflanzlichen auch tierische Fasern, die
verarbeitet wurden.
So wurden auch Stoffe aus Schafswolle
hergestellt. Wollene Textilien sind aus Gräbern
des Alten und Mittleren Reiches bekannt, die
meisten Funde datieren aus der Zeit um 1.350
v.Chr. Auch Ziegenhaar (Mohair) wurde, wie
Wolle, seit dem Alten Reich von den Menschen
getragen, zumindest von Menschen, die nicht im
Tempeldienst waren.
Zu
den pflanzlichen Fasern wurde neben Flachs, das
seit ca. 5.000 v.Chr. zu Leinen verabreitet
wurde, Funde belegen dies, auch die Rinde von
einigen Bäumen, wie Palmen zu Bastfasern
verarbeitet wurden. Bastfasern wurden zwar
bisher nur sehr wenige als Kleidung gefunden,
jedoch wurden in Amarna Stoffstücke gefunden,
die mit Schlaufen aus Bastfasern versehen waren.
Baumwolle war in der Antike auch schon in
Verwendung, aber im Land am Nil wurden
Baumwollstoffe bisher nur ab der ptolomäischen
Zeit ab ca. 332 v.Chr. nachgewiesen.
2. Wie fertigten die Ägypter ihre Kleidung?
Nachdem die Frage der Stoffe geklärt ist, stellt
sich natürlich die Frage, wie die Ägypter aus
den Stoffen ihre Kleidung fertigte. Für Kleidung
in den letzten Jahrhunderten ist die
Rekonstruktion sehr gut dokumentiert durch
unzählige erhaltene Kleidungsstücke, doch für
die Antike wird die Lage schwieriger, denn Stoff
ist fragil und übersteht selten die Zeit, es
gibt sehr wenige antike Funde.
Viele vermuten wahrscheinlich, dass Kleidung in
der Antike nicht genäht wurde, aber es gibt
einige wenige Funde und auch einige wenige
schriftliche Quellen aus der 19. Dynastie (Neues
Reich) die beschreiben, dass Kleidung auch
genäht wurde. Nähnadeln wurden zahlreich
gefunden und waren meist aus Bronze, Kupfer und Silber
gefertigt, in einfachen Ausführung gab es auch
durchbohrte Fischgräten. Sogar Behälter für
Nadeln wurden gefunden und Steinplättchen, die
ähnlich einem Fingerhut verwendet wurden.
Beim
Zuschneiden von Stoffen waren die Menschen vor
eine kleine Herausforderung gestellt, denn
Scheren wie wir sie heute kennen, wurden wohl
erst um das Jahr 1000 n.Chr. entwickelt. Stoffe
wurden daher entweder in der benötigten Länge
gewebt. Scherenähnliche Objekte widerrum sind
erst aus der ptolomäischen Zeit bekannt. So
blieben den Alten Ägyptern nur zwei
Möglichkeiten Stoffe zuzuschneiden. Gerade
Schnitte wurden einfach gerissen, dies konnte
man in einer Grabzeichnung aus der 18. Dynastie
entdecken. Formschnitte wie Halsausschnitte
wurden mit scharfen Flintmessern geschnitten.
Das Nähgarn wurde
aus zwei Leinenfäden gedreht und es gab sogar
Garne aus drei Fäden, so dass sich Garnstärken
in fein und grob ergaben und zum Nähen verwendet
werden konnten. Beim Nähen wurden damals nur
wenige Sticharten angewendet, so waren
Vor-/Heftstiche, Klettstiche und der Stielstich
bekannt und Fransenborten wurden mittels
überwendlichen Stich an die Kleidung fixiert.
Auch bei den Nähten (links) und Säumen war die
Auswahl klein aber effektiv, es wurden Roll- und
Flachsäume verarbeitet und überlappende Nähte,
auch eine Art Kappnaht wurde bereits genutzt.
3.
Farben und Verzierungen - wie wurde Kleidung
gestaltet?
Die meisten glauben, dass die Alten Ägypter nur
in weiß gekleidet waren, doch schon seit der
späten 3. und frühen 4. Dynastie lassen sich
Färbungen für Stoffe nachweisen.
Zum Färben wurden ockerige Erdfarben (Eisen-Oxid
mit Ton gemischt) und Pflanzenfarben verwendet.
Die Erdfarben ergaben Töne von hellgelb bis
dunkel orange und braun, wenn man das Eisen-Oxid
erhitzte erhielt man einen rötlichen Farbton.
Aus den Pflanzenfarben gewannen die Ägypter
Blautöne, (wohl aus Färberweid, seltener aus
Indigo) aber auch Rottöne wurden auf
pflanzlicher Basis unter Verwendung von Krapp
und Henna) hergestellt, daneben gibt es auch
Gelb- und Grüntöne.
Das berühmte strahlende Weiß erhielten die
Ägypter durch bleichen und es war vermutlich
genauso beliebt in weiß gekleidet zu sein, wie
man sich in farbenprächtige Gewänder hüllte.
Aber nicht nur durch Farben wurde Kleidung
gestaltet, die wenigen gefundenen Exponate,
weisen auch noch andere Verzierungen auf, wie
Perlen, Rosetten und Pailletten. Perlen
sind schon seit prädynastischen
Zeiten bekannt und durch Funde belegt. Auch
wurde Stoff gern bestickt, zumindest aus
königlichen Gräbern sind bestickte Stoffe
bekannt. In den Stoffresten rechts sind Muster
eingewebt oder vielleicht sogar eingestickt
(aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie kann
ich den Stoff leider nicht erneut begutachten
und die Beschreibung nachlesen). Seit dem
Neuen Reich wurde Stoff auch mit Applikationen
besetzt, aber auch eher bei der königlichen
Kleidung. Außerdem wurden Borten und Bänder
aufgesetzt. Von den Statuen ist bekannt, dass
Stoffe auch gefältet wurden und besonders auch
plissiert. Plissierte Stoffe sind bereits aus
dem Alten Reich bekannt und eine weitere
Stoffverzierung war das Bemalen von Stoffen,
entsprechende Funde gibt es aus dem Neuen
Reich.
4. Woraus bestand nun die ägyptische
Garderobe?
Wenn man sich die Grabmalereien, Statuen und
Papyri anschaut, könnte man meinen, dass der
Umfang an verschiedenen Kleidungsstücken in
pharaonischen Zeiten gering war. Aber haben
wir wirklich so viel mehr Auswahl? Es gab zwei
Grundformen: Wickelgewänder und zugeschnittene
Kleidung.
Lendentücher
Das einfachste Kleidungsstück waren die
sogenannten Lendentücher in dreieckiger Form.
Sie wurden an der langen Kante um die Taille
gewickelt und der Rest wurde zwischen den
Beinen hindurch gezogen und dann wieder in der
Taille befestigt. Diese Tücher wurden von fast
allen Ägyptern getragen, Männern wie auch
Frauen, und war in der Regel aus Stoff
gefertigt, es gab aber auch die Möglichkeit,
dieses Lendentuch aus Leder herzustellen. In
Leder wurde es aber nur von Männern getragen.
Bei der Trageweise dieser Tücher könnte man
sie auch als eine Art einfache Unterhose
ansehen.
Röcke
Röcke gehören zweifelsohne zu den ältesten
Kleidungsstücken und wurden ausschließlich von
Frauen getragen, die Rockähnlichen
Kleidungsstücke der Männer werden Schurz
genannt. Der Rock ist hier ein Wickelgewand
und bedeckte den Unterkörper ganz oder
teilweise. Er konnte sehr knapp sein und
gerade einmal die Hüften bedecken oder länger
sein und von der Brust bis zum Knöchel
reichen.
In der Regel waren Röcke schlicht verarbeitet,
für einen kurzen Rock benötigte man ein Stück
Stoff von 130 cm x 60 cm, für einen langen
Rock verwendete man ein Stück von 250 cm x 80
cm (bei modernen Frauen würde der Rock bis zur
Wadenmitte reichen, in der Antike waren Frauen
aber im Schnitt nur um die 153 cm groß und
Männer 164 cm und dann wäre der Rock
tatsächlich knöchellang).
Schärpen
Schärpen waren lange Stoffstücke, die wie ein
Gürtel benutzt wurde und Röcke und Schurze
fixierten. Solche Schärpen konnten kunstvoll um
den Körper gebunden werden oder lediglich
einmal. Schärpen waren etwa 150 cm lang und im
Schnitt 5 bis 20 cm breit und an ihrer
Schmalseite oft mit Fransen oder Troddeln
besetzt. Meistens waren sie einfach gehalten,
konnten aber auch kunstvoll verziert sein.
Archaische Wickelgewand
Das älteste Kleidungsstück ist das archaische
Wickelgewand, das nicht nur von Frauen, sondern
auch von Männern getragen wurde. Es bestand aus
einem Stück Tuch von 150 cm x 250 cm Größe. Für
dieses Kleid
wird
die obere Ecke des Tuches über die linke
Schulter gelegt und dann wird das Tuch ein- oder
mehrmals um den Körper gewickelt. Es wird dabei
so unter den Armen durchgeführt, so dass es an
der linken Achsel wieder endet und dann die
beiden Ecken zusammengeknotet werden können. Als
weiteres Mittel zur Fixierung des Kleides konnte
zusätzlich eine Schärpe getragen werden.
Kleider
Ein Kleidungsstück, dass nur von Frauen getragen
wurde, sind Kleider. Die Kleider damals lagen
eng am Oberkörper an und hatten einen engen oder
einen fließenden Rockteil. Es gab drei
verschiedene Grundformen an Kleidern:
- Wickelkleider
- Kleider mit
V-Ausschnitt
- Perlenkleider
a) Wickelkleider
Ein Wickelkleid ist ein langes Stück Stoff, das
auf verschiedene Art und Weise um den Körper
gewickelt wird, also wie ein Rock, nur dass es
auch den Oberkörper bedeckt. Die einfachen
Wickelkleider gibt es bereits seit dem Alten
Reich und wird ein- bis dreimal um den Körper
gewickelt, die Enden werden abschließend am
oberen Rand eingesteckt. Ein solches einfaches
Kleid benötigt ein Stoffstück von 300 cm x 120
cm Größe und kann dann dreimal um den Körper
gewickelt werden und ist dann etwa knöchellang.
Ein solches Kleid konnte auch ganz einfach mit
separaten Schulterstreifen (10 x 90 cm) versehen
werden. Der Stoffstreifen wurde über die
Schulter gelegt und dann das Kleid über die
unteren Enden der Träger gewickelt.
Ab
dem Neuen Reich sind Wickelkleider komplexer
geworden und bestanden aus ein bis zwei Stücken
Stoff. Sie wurden geknotet, eingeschlagen oder
mit Schärpen gehalten oder mit anderen
Kleidungsstücken kombiniert.