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Besticktes Tageskleid, 1881


Nun kommt wohl eines der aufwendigsten Kleidungsstücke, das ich bisher je genäht habe. Eines meienr Empirekleider hatte ich ja schon einmal bestickt, ebenso den Mantel zum Jagdkleid, aber diese Stickereien, waren in ihrem Ausmaß nichts zu dem, was ich nun vor habe. (Anm.: Im Laufe des WIPs kommen immer wieder neue Rechercheergebnisse zu Tage, lasst euch also überraschen)

Im Buch "Fashion of the Gilded Age, Vol.1" von Frances Grimble habe ich viele tolle Kleider entdeckt, doch eines sprang mich immer wieder an ein besticktes Tageskleid. Ursprünglich wollte ich es aus dem blauen Taft nähen, den ich von einer lieben Freundin geschenkt bekommen habe, doch leider reichte die Menge nicht aus und ich konnte auch keinen Taft nachkaufen, da es zur Zeit nur gecrashten Taft gibt (ich weiß nicht wieso es zur Zeit überhaupt die Stoffe, die ich gern verarbeiten würde nur gecrasht gibt, das war bei dem Musselin schon so und nun auch bei dem Taft). Naja am Ende musste ich umdisponieren und habe ich mich für dunkelblauen Popelin entschieden.

Harper'sDas Kleid der Begierde stammt aus dem Harper's Bazar vom 12. November 1881 und ist laut Beschreibung aus stahlblauem Tuch. Es besteht aus einem Rock, einem Oberrock und einer Jackentaille. Der Einsatz der Taille, der Saum des Oberrocks, der Kragen, die Ärmelmanschetten und die Taschenklappen sind mit Kettenstich  mit Goldfaden bestickt. Das Interessante die drei Schnitte kosteten damals 20 Cent das Stück (ca. 5,03 $ in heutiger Währung und 4,48 €, wenn man bedenkt, dass ein Dienstmädchen in Berlin ca. 11 M bzw. 70 € verdiente, war das Schnittmuster vielleicht noch bezahlbar, aber die dafür benötigten Materialien haben den Monatslohn gesprengt).

Ich habe das Kleid farblich etwas abgeändert, statt stahlblau ist es dunkelblau und an Stelle des Goldfaden habe ich mich für dunkelrot entschieden.
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Schnitt













Der Schnitt und auch die Stickvorlage sind auf zwei A4 Seiten abgedruckt, also ist die erste große Herausforderung den Schnitt erst einmal auf die richtige Größe zu bekommen. Die Stickvorlage war da noch das einfachste, da es in halber Größer gedruckt war, brauchte ich da nur die Motive doppelt so groß zu drucken. Die restlichen Schnittteile habe ich in mühevoller Handarbeit mit Lineal, Taschenrechner und spitzen Bleistift auf Seidenpapier übertragen, so hatte ich zumindest erst einmal den Schnitt in der Originalgröße. Um alles auf meine Größe zu kriegen, werde ich mir wieder meine vorhandenen Schnitte von Truly Victorian zur Hilfe nehmen.

Zuerst habe ich die vordere Bahn des Oberrockes genäht, Abnäher in der Taille und gesäumt. Eigentlich sollte die Stickerei wohl direkt auf den Stoff gestickt werden, da mir das aber etwas zu umständlich wird die ganze Stoffmasse beim Sticken zu handhaben, habe ich mich dafür entschieden, eine breite Borte zu besticken, die dann auf den Oberrock aufgenäht wird.

DayDressDas ist das Stickmotiv in Originalgröße für die Bordüre des Oberrocks und für den Einsatz der Taille. Für die übrigen Teile werde ich das Motiv dann teilweise auf die Schnittteile übertragen, wenn es soweit ist. Jetzt wird erst einmal nur der Oberrock bearbeitet.

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Zunächst habe ich das Motiv auf eine Stickfolie übertragen. Die Folie ist von Madeira und lässt sich zum einen vom fertigen Motiv wegreißen und verbleibende Reste können dann weggebügelt werden.

DayDress140 cm lang ist die Borte, bzw. wird die Borte werden. Natürlich hätte ich das Motiv auch wieder direkt auf den Stoff übertragen können, aber bei all den geschwungenen Linien habe ich mich für die Folie entschieden.
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Am Anfang habe ich ganz schön geflucht, denn die Folie ließ sich nur sehr widerspenstig in den Stickrahmen spannen, aber mit Geduld hat es am Ende doch noch geklappt und nach den ersten Zentimetern ging es um einiges besser.

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Für die 12 cm habe ich gut 10 Stunden gebraucht, auf die 140 cm hochgerechnet, werde ich etwa 115 Stunden benötigen. Das wird also nicht nur ein aufwendiges Nähprojekt sondern ein sehr zeitintesives noch dazu. Im Nachhinein, wäre es besser gewesen von links zu sticken, aber das lässt sich nun nicht mehr ändern, man lernt halt nie aus.
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Nun es ist eine Sache, die gestickte Borte einfach so vor sich zu haben, da sieht es schon ganz gut aus, aber eine ganz andere zu sehen, wie die Borte auf dem Rock aussehen wird. Nachdem nicht ganz 1/5 der Borte gestickt war, habe ich sie mal an den Oberrock geheftet, nur um zu schauen, wie sie wirken wird und ich finde sie sieht toll aus. Sind jetzt auch nur noch 90 Stunden Stickarbeit.

Nach 22 Tagen ist die Borte halbfertig, ein Ende ist damit irgendwie in Sicht, aber wenn die Borte aufgesetzt ist, steht auch schon die nächste Stickerei an: die Klappe für die Rocktasche.

Stickerei

Tagesrock
Das Schnittteil für die Klappe der Tasche habe ich schon mal zur Probe aufgesteckt, die wird dann als nächstes gestickt und die Tasche eingesetzt. Für die Tasche selbst gibt es keinen Schnitt, aber ich denke das wird kein Problem sein, da kriege ich etwas hin. Ich vermute mal, dass das Origianl die Klappe nur als Dekoration vorgesehen hat, aber ich werde eine praktikable Tasche daraus machen, zumindest groß genug für mein Handy und ein Taschentuch.
















Vor einer Woche war meine Borte halbfertig, nun gibt es ein neues Update beim Stickprojekt, hier also Tag 29:
Stickerei

Stickerei Die Stickerei nähert sich dem Ende entgegen, die senkrechte Linie, die das Motiv teilweise unterbricht makiert das Ende, das Motiv ist dann140 cm lang, 12 cm breit und ich bin heil froh, dass ich fast fertig bin - nach nur 36 Tagen. Und noch weitere Zahlen: Für die gesamte Borte habe ich 10 Päckchen Madeira Stickgarn verbraucht. Je Päckchen sind es 10 m und da es sechsfädig ist und ich jeweils mit 2 Fäden gestickt habe, wurden am Ende 300 m Garn verarbeitet.

Stickerei


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Die Falten sind noch nicht richtig gelegt, sie sind sehr provisorisch, aber ich wollte unbedingt die fertige Borte anpinnen, um zu sehen, wie es aussieht.










Und hier nochmal die Stickerei in ihrem ganzen Ausmaß:
Stickerei


Und für alle, die sich fragen, wie die Reste der Folie verschwinden, hier die ein kleienr Einblick. Wie bereits erwähnt werden die Ränder weggerissen und zwischen all den Windungen und Blättern wurden die Reste soweit es möglich war, ebenfalls abgerissen, teilweise habe ich auch mit einer Stickschere versucht entlang des Motivs die Folie wegzuschneiden. Aber die finale Lösung war tatsächlich, wie in der Beschreibung angegeben, die verbleibenden Reste wegzubügeln. Es war etwas mühselig, die Folie schmolz zu kleinen Kügelchen, die ich mit einem weichen Tuch vom Motiv und vom Bügeleisen abwischen. Ab und an blieben ein paar winzige dunklere Stellen auf dem Motiv zurück, weshalb ich die Folie nicht so richtig überzeugend finde und für die nächste Stickarbeit etwas anderes verwenden oder eben von links sticken würde.




Als nächstes wird der Oberrock fertig genäht, vor allem die Falten richtig platziert und die Tasche muss noch eingesetzt werden, sowie die Taschenklappe, die wieder bestickt werden muss. Nun bin ich ja in Übung.

DressWieder ist eine Woche vergangen und es ist einiges passiert. Zunächst habe ich mich um die Falten am Oberrock gekümmert, damit sie ähnlich schmal werden, wie im Original. Das Ende vom Lied war, dass der Oberrock zu kurz war. Nun hatte ich das Dilemma, was tun, um die Länge zu erhalten und die Falten nicht zu breit machen zu müssen. Nun war also guter Rat teuer, noch einmal habe ich das Schnittteil rausgeholt, aber die Länge stimmte. Also zurück zum Miniaturschnitt, nachgemessen und gerechnet und siehe da, ich hab mich verkalkuliert. Statt x16 hatte ich nur x14 gerechnet. Dumm gelaufen, könnte man meinen, aber ich habe den Tip aus einer Facebook-Gruppe befolgt und habe die fehlende Stoffmenge zugeschnitten und eingesetzt. Die Falten verdecken die beiden Quernähte perfekt.

DressIm Vergleich Vorher und Nachher ist der Rock jetzt zwar nur minimal länger, aber die Falten beginnen höher, wie im Original und sind mehr als vorher. Gleichzeitig konnte ich auch die wuchtige Optik mildern, indem ich die Seitennaht versetzte bzw. die vordere Rockbahn schmaler machte. Dadurch musste ich auch einiges von der Borte wegschneiden, aber die Stickerei kann ich für die Taille weiter verwenden, die Arbeit war also nicht umsonst. Jetzt sieht es aber schon sehr viel besser und schlanker aus - perfekt für die Natural Form.

Aber bevor es ans Nähen ging, war schon der Mittwoch da und da gab es endlich wieder einen Stick-Workshop, passend zur verlängerten Ausstellung "History in Fashion - 1500 Jahre Stickerei in der Mode". Ich dachte ich bereite mal eine Taschenklappe vor und gehe hin, man kann ja nie wissen, ob man nicht noch den ein oder anderen Tipp abgreifen kann von einer Expertin. Auf der Facebook-Seite des Grassi Museums gibt es auch Video-Workshops für Stickerei.
Taschenklappe

Da es für die ganzen Kleinteile wie Taschenklappe, Kragen und Manschetten keine eigene Stickvorlage gibt, habe ich jetzt einfach mal das Motiv auf das Schnittteil passend gelegt.
Im Workshop selbst konnte ich zumindest mein Problem mit den gleichmäßigen Ausstichen beheben: Konzentration und entlang der äußeren Kanzte der Zeichnung und dann wurde es schon extrem gut.

Tasche



Und für ein späteres Stickprojekt konnte ich auch gleich ein immer wieder auftretendes Problem von ausfransenden Metallicfäden lösen. Einfach immer nur kurze Fäden verarbeiten, je weniger die Fäden durch den Stoff gezogen werden, umso weniger fransen die Enden aus. Wir werden sehen.

Nach meiner Rückkehr vom Workshop habe ich aber erst einmal die nächsten Tage damit verbracht, den Oberrock fertig zu nähen. Nun hat er die richtige Weite, Länge, Falten (vorn und hinten) und natürlich auch das Taillenband, nur die Tasche fehlt noch, die kommt erst rein, wenn die Klappe fertig ist und ich weiß, wie breit der Taschenschlitz überhaupt werden darf und dann entscheidet sich auch, ob ein oder zwei Taschen.


Hier nun die Bilder vom fast fertigen Oberrock von vorn, der Seite und von hinten:

RockRockOberrock

Durch Zufall habe ich erfahren, dass das Musée des Arts Décoratifs eine Ausstellung zum Harper's Bazar hat, die noch bis zum 3. Januar 2021 läuft. Das ist jetzt mein Ansporn, das Kleid samt Hut, Handtasche und Mantel oder Cape bis Ende November fertig zu haben und dann für ein paar Stunden nach Paris zu fahren, sofern Corona es zulassen wird.

So, einiges an Recherche brachte mein besticktes Kleid noch einmal zum Vorschein, bevor es im Harper's Bazar veröffentlicht wurde, erschien es am 23. Oktober 1881 in der La Mode Illustrée und damit in Paris (da hüpft mein francophiles Herz vor Freude), aber eigentlich war es ja klar, dass die Mode aus New York, USA am Ende wieder aus Frankreich kam.
Robe
                    en drap
Gleich auf der Titelseite der 43. Ausgabe des Jahres 1881 erschien die Robe en Drap von Mme Delaunay, rue Godot-de-Mauroy, 49. (Wenn sich die Straßenbenennung nicht geändert hat, dann lag das Atellier auf halbem Weg zwischen der Madeleine und der Opéra Garnier.

Beim Durchblättern beider Magazine, scheint mir, dass der Harper's Bazar zum Größtenteil eine Kopie der La Mode Illustrée war. Daher ist es umso interessanter, dass das Musée des Arts Décoratifs den Harper's mit einer Sonderausstellung feiert, wahrscheinlich weil dieses Magazin bis heute besteht. Ich sollte mir mal die Mühe machen und mehr zu den Modejournalen recherchieren und einen Artikel dazu schreiben. Das werde ich mir auf jeden Fall auf die to-do-Liste setzen, die Recherche dazu wird zwar bestimmt nicht so leicht, aber ich bin umso mehr auf die Ergebnisse gespannt.

Ich habe in der vergangenen Woche aber nicht nur in verschiedenen Modejournalen gestöbert, es wäre genial gewesen das Kleid als koloriertes Modekupfer zu finden, aber hab ich nicht. Dafür habe ich weiter an der Taschenklappe gestickt.
Tasche
Da ein großes Stück Stoff mit der Stickfolie irgendwie unhandlich wurde, habe ich auf halber Strecke die Taschenklappe zugeschnitten. Wie man sieht habe ich am Anfang auch die Nahtzugabe bestickt, was ja völliger Unsinn und auch Zeit- und Materialverschwendung ist. Nach der ersten Ecke habe ich mir dann die Nahtzugabe angezeichnet und nur noch den inneren Bereich bestickt. Für eine Taschenklappe gingen gut 8 m Garn zu 6 Strängen drauf, dabei ist das doch nur so ein kleines Teilchen.


Overskirt    Tasche
Und hier nun der fertige Oberrock samt Taschenklappe. Jetzt fehlt nur noch die Taille, wobei "nur" noch, das wird die schlimmste Arbeit einen Originalschnitt an meine Figur anzupassen. Bei den Röcken ist das ja noch recht einfach gewesen, die mussten nur an die Taille und Hüfte angepasst werden, aber bei einer Taille ist ja an soviel mehr zu denken: Taille, Oberweite, Halsweite, Ärmel inkl. Bewegungsfreiheit für Arme gewähren und dann auch noch die Länge vor allem, die Schulter-Taillen-Länge. Aber ich habe das jetzt angefangen, also ziehe ich das auch durch.

ProbeEndlich habe ich es gewagt den Schnitt aus dem Harper's Bazar bzw. der La Mode Illustrée zu vergrößern. Während der Rock soweit passte, ist die Taille viel zu klein, es fehlen einige Zentimeter in der Taille und der Oberweite, die Ärmel sind zu eng, die Länge könnte allerdings passen, so halbwegs. Und da ich auf jeden Fall noch etliche Änderungen vornehmen muss, nähe ich zum ersten Mal, seit gefühlten Ewigkeiten, eine Probestück.

Da ich nicht so viel Erfahrung mit Anpassungen habe, habe ich mir zudem einen halbwegs ähnlichen Schnitt von Truly Victorian zur Hilfe genommen, die jeweiligen Schnittteile habe ich übereinander gelegt und die Besonderheiten des Originalschnitts auf den von Truly Victorian übertragen. Natürlich mache ich es mir damit sehr einfach, denn mit den Schnitten von Truly Victorian bin ich sehr gut vertraut und so werde ich wohl weit weniger Versuche benötigen, als wenn ich einfach drauf los probieren würde. Für gewöhnlich wird für ein Probestück einfacher Nesselstoff verwendet, da ich aber keinen habe und ich nun auch nicht extra welchen kaufen wollte, meine Stoffkiste ist schließlich noch voll genug, habe ich mich dazu entschlossen, das Probestück aus Polyestertaft zu nähen, der Stoff ist zwar hübsch, aber ich habe nicht genug um daraus jemals ein komplettes Ensemble zu nähen, selbst wenn es nur zum Teil aus dem Taft bestehen würde, würde es nicht reichen und nachkaufen ist auch nicht mehr möglich.
Probe
Hier sieht man sehr schön, wie ich den Originalschnitt (Zentimeterpapier) auf den Truly Victorian-Schnitt gelegt habe um schonmal die richtige Kleidergröße zu erhalten. Ich musste nur darauf achten, das wirklich jedes abweichende Detail vom Harper's Schnitt übernommen wird. So habe ich dann aus der Jackentaille (TV428) die Harper's Taille zum bestickten Tageskleid gemacht. Dadurch habe ich mir mehrfache Probestücke erspart, denn die Schnitte von Truly Victorian sitzen immer sehr gut und in der Regel, so auch hier, muss ich zumindest nur die Ärmellöcher korrigieren.



Probe  Probe Probe

In der vergangenen Woche habe ich das Probestück zusammengenäht und es passte sehr gut, so das kaum Änderungen vorgenommen werden mussten. Aber gut, das war auch nicht verwunderlich, da ich die originalen Schnittmusterteile mit einem bereits erprobten Schnitt von Truly Victorian angepasst hatte.

TailleUnd da keine gravierenden Änderungen vorgenommen werden müssen, konnte ich nun auch die einzelnen Teile zuzuschneiden. Die einzigen Teile, die noch nicht zugeschnitten sind, sind die, die bestickt werden müssen, die Schneide ich erst zu, wenn die Stickerei fertig ist. Das eigentliche Zusammennähen der Taille wird nicht so extrem lange dauern, aber die Stickereien werden wieder einiges an Zeit verschlingen.

Nach vier Tagen sind alle Teile des Korpus zusammengenäht, es fehlen im Grunde nur die Ärmel und alle bestickten Teile. Irgendwie ging es diese Woche gefühlt nicht so zügig voran, wie ich gedacht hatte. Aber naja, ich habe die Nähte immer gleich versäubert, bevor ich das nächste Teil angefügt hatte, dadurch ging natürlich einige Zei drauf: Die Nahtzugaben zurückschneiden und dann den Stoff umlegen und vernähen. Da ich alle Lagen aus Stoff, Versteifung und Futter, als eine Lage verarbeitet habe, was damals durchaus üblich war, lässt sich die Taille leichter abändern.

Taille  Taille
Einmal die Ansicht von hinten und der Seite. Die Tasche auf dem Oberrock, wird halb verdeckt sein, da die Taille vorne nach hinten abfällt, also mittig kürzer sein wird.
Innenansicht
Da das ursprüngliche Futter nicht mehr gereicht hat, musste ich einen anderen Stoff zusätzlich verwenden. Ich konnte aus den Resten auch nichts mehr in der erforderlichen Menge zusammenstückeln, daher auf diese Weise gestückelt.

Die Taille ist nun fertig zusammen genäht, zumindest der Körper, es fehlen die Ärmel und der ganze Kleinkram wie Manschetten, Kragen, das Plastron und die Taschenklappen, aber da der Kleinkram ja bestickt wird, dauert es noch eine Weile bis die Taille wirklich fertig ist.

TailleDer Saum der Taille kommt natürlich noch ein bisschen höher, sobald die Taille fertig gesäumt wird, aber man sieht schon jetzt die Tasche ein gutes Stück und bei dem Anblick habe ich mich entschieden, das eine Tasche auf dem Oberrock vollkommen ausreichend ist. Die Taille wird Kante an Kante mit Haken verschlossen, die Verschlusskante wird später vom Plastron überdeckt.

Aber wo wir beim Plastron sind, dass ist das nächste Teil, das ich in Angriff genommen habe, wohl auch weil es das größte Schnittteil ist, das bestickt werden muss, nach der Borte am Oberrock.  Also hieß es wieder Stickmuster übertragen und spiegeln, denn das Stickmuster für das Plastron gibt es nur zur Hälfte, da das Teil im Stoffbruch zugschnitten wird. Außerdem musste das Plastron noch etwa 9 cm verlängert werden, also 9 cm Stickmuster mussten irgendwie improvisiert werden.
TailleWie man erkennen kann, habe ich das mittige Blumenmotiv ganz unten nochmal wiederholt. Wenn man es so aufgezeichnet siehr, sieht es recht plump aus, wenn man aber noch zusätzliche Linien für die Konturen einzeichnet und diese Konturen einstickt, dann sieht es wieder ganz hübsch aus. Ich fand es zumindest einfacher das ganze Motiv nach unten zu verlängern, als nach oben hin. Hätte ich die Vorlage vergrößert ausgedruckt wäre das ganze auch breiter geworden und das wollte ich auch wieder nicht. So muss man kompromisse schließen - zumindest wenn man nicht die passende Körperhöhe für die Taille mitbringt, offenbar bin zumindest ich etwas größer geraten, als sich der/die Designer(in) vor 139 Jahren das gedacht hat. Aber er/sie konnte ja nicht ahnen, dass der Entuwrf fast 140 Jahre später nochmals realisiert werden würde und die Menschen größer sind.

Aber bevor die große Stickarbeit wieder losgeht, habe ich die Reste der Borte weiter verwendet. Im Rücken finden sich zwei dekorative Knöpfe, die wurden bezogen und aus den weiteren Resten habe ich einen Mund-Nasen-Schutz genäht, Corona hat also eine Verwendung gefunden und da man nur mit entsprechender Maske mit der Bahn fahren kann. Und da ich mit dem Kleid nach Paris will und dort auch im öffentlichen Nahverkehr und den Museen eine solche getragen werden muss, passte das ganz gut. Die Maske ist vierlagig, zwei Lagen durch die Stickerei, da sie abgefüttert ist und zwei Lagen bei der eigentlichen Maske, die Stickerei ist da also "nur" aufgelegt und dann mit Schrägbändern mit der Maske verbunden worden. Die Gummibänder sind nicht schön, aber die einzige Möglichkeit die Maske abzunehmen, wo es erlaubt ist, ohne dass man den Hut abnehmen muss und die Frisur runiert. Vielleicht versuche ich mal, die Maske auf die normale OP-Maske zu "tackern", da sind die Bänder dünner, wenn die das Gewicht halten, dann wäre das toll.

    Köpfe

Aber weiter geht es nun mit dem Plastron. Die Stickfolie ist fertig und auf den Stoff gelegt, festgepinnt, die Nahtzugabe ist vorgezeichnet, damit das Plastron dann auch gleich zugeschnitten werden kann. Da ich die Stickerei in einen Rahmen spannen will/muss habe ich das Plastron noch nicht zugeschnitten, dadurch habe ich immer ausreichend Stoff für den Rahmen und was fertig ist, wird dann zugeschnitten, so wird aus einem groben Stück Stoff nach und nach das fertige Plastron.

PlastronNach einer Woche ist das Plastron von der Länge her fast zur Hälfte fertig, aber die meiste Arbeit kommt ja wieder erst im oberen Bereich. Ich denke, es wird sehr schön aussehen, wenn das Plastron fertig ist, im Moment stört natürlich die Folie ein wenig, aber bei 35° Grad Raumtemperatur (Dachgeschoss ist nicht immer traumhaft) werde ich die Folie erste wegbügeln, wenn die ganze Stickarbeit erledigt ist. Auch hier sieht man, wie ich finde, dass der Oberrock keine zweite Tasche braucht, die Stickerei am Rock und dann von der Taille, die definitiv zwei Taschenklappen bekommt, reichen vollkommen aus, eine vierte Taschenklappe fände ich dann zu viel des Guten.

Je mehr Recherchen ich zu meinen aktuellen Nähprojekten mache, umso mehr finde ich. Nochmals muss ich mich korrigieren, es ist keine Pariser Mode dieses Kleid, denn eine Woche bevor dieses hübsche Kleid, also seine Vorlage, in der französischen La Mode Illustrée erschien, wurde es am 17. Oktober 1881, jetzt haltet euch fest: in Deutschland in "Der Bazar - Illustrierte Damen-Zeitung", veröffentlicht. Verrückt oder? Deutsche Mode ging somit um die Welt.

Nach fast drei Wochen ist nun die Stickerei des Plastrons fertig und die Ärmel sind an die Taille genäht und nun ratet mal, was nun ansteht. Richtig, es wird wieder die Sticknadel geschwungen und die Kleinteile werden nach und nach bestickt und dann ebenso peu à peu an die Taille genäht werden.

Aber erst einmal der Reihe nach, hier nun endlich die Bilder Plastrovon der fertigen Stickerei für das Plastron. Ich musste es sofort einmal aufpinnen, um die Wirkung zu sehen und ich find es richtig toll geworden. Das Kleid wird, glaube ich, ne Wucht.
DayDress

Und links fertig genäht. Nun fehlt wirklich nicht mehr viel, eigentlich nur noch die ganzen Kleinigkeiten und die Ärmel. Aber die standen als nächstes auf dem Plan.

Und bei Tageslicht sieht
das dunkle blau auch viel
besser aus. Nachdem nun
die Ärmel angebracht
sind, habe ich mich sogleich daran gemacht
DayDressund habe das Motiv für die Manschetten erstellt. Dem Schnittmuster lagen leider nur die Motive für das Band am Oberrock und dem Plastron bei, also musste ich etwas kreativ werden und habe das Motiv für das Plastron verwendet und angepasst.

Motiv











Man kann auch auf den Zeichnungen nicht sonderlich viel erkennen, nur, dass die Manschetten, Taschenklappen und der Kragen nicht volständig ausgefüllt sind. Für die Taschenklappen auf der Taille werde ich die Stickerei daher etwas mehr an das Original anpassen, als bei der Tasche auf dem Oberrock. Da die Tasche vom Oberrock zum größten Teil bedeckt ist, wird der Unterschied kaum ins Auge fallen. Aber bevor die Taschen der Taille dran sind, erst einmal die Manschetten, damit die Ärmel fertig werden.

Masnchette   Manschette
Einmal die begonnene Stickerei für die Manschette und ich gewähre einmal den Blick auf die Unterseite, aber auch nur, weil die mal recht ordentlich aussieht und nicht mit Knoten und Chaos übersäht ist.

Mittlerweile sind 170 m Stickgarn verbraucht, da ich aus einem Faden drei herausbekomme, wurden bis hierher 510 m Garn verstickt worden. In zwei Wochen gibt es das nächste Update, mal sehen wie weit ich dann gekommen bin, wobei in zwei Wochen bin ich einige Tage bei meinen Eltern, also ein paar Tage ohne Nähen und Handarbeiten.

Nun beide Manschetten sind fertig gestickt, aber erst eine an den Ärmel genäht. Allerdings musste ich zwischendurch feststellen, dass meine 20 Packungen Stickgarn nicht reichen werden. Ja 20 Packungen mit 10 m, wobei aus einer Packung 30 m zum Sticken werden, weil das Garn sechsfädig liegt und ich zweifädig sticke, also 600 m Garn reichen nicht aus für das Kleid, da habe ich mich wohl ein wenig verkalkuliert. Also musste ich auf die Suche gehen wo ich denn das passende Garn herbekomme. Der Shop in dem ich sie gekauft hatte, führt die Farbe nicht mehr, meine anderen Shops führen die Farbe oder den Hersteller nicht. Nun war guter Rat teuer, doch dank einer Facebook-Gruppen habe ich Farbtabellen gefunden aus denen ich die Farbnummern der anderen Hersteller ablesen konnte und so auch auf andere Garne ausweichen konnte. Bisher habe ich mit madeira made in Germany gestickt, das Garn verknotet sich recht schnell und lässt sich manchmal nicht so schön leicht trennen. Nun habe ich Anchor made in Hungary bekommen, mal sehen wie sich das Garn machen wird und für meinen Mantel habe ich DMC made in France. Aber zurück zum Tageskleid.

Manschette    Manschette
Links die fertige Stickerei noch mit Folie, den größten Teil bekomme ich einfach weggerissen und dann sieht sie so aus, wie auf dem rechten Bild. Die verbleibenden Reste werden dann einfach weggebügelt.

    Manschette
Und so sieht dann der angezogene Ärmel aus, die Manschette befreit von der lästigen Folie und angenäht.

Ärmel    Ärmel
Und nochmal die Manschette auf Augenhöhe und wie sich die Stickerei von der Innenseite "heranschlängelt". Die Zweite ist noch nicht fertig zum Annähen, da muss ich erstmal die beiden Seitennähte wieder auftrennen und anders zusammennähen, wenn ich es so lasse, wie es jetzt ist, dann gibt das eine wulstige Naht wie die beiden Seitenränder zusammentreffen und das möchte ich korrigieren, damit es so ausschaut wie auf dem oberen Bild rechts.

Kleid
Mittlerweile ist auch die zweite Manschette fertig bestickt und der zweite Ärmel eingesetzt. Das Motiv für den Kragen ist auch bereits übertragen und ich habe auch da schon die Stickerei begonnen, wenn der Kragen fertig ist, fehlen nur noch die Taschenklappen, die Stäbe und der Saum der Taille und dann ist sie fertig und das Kleid damit auch. Okay, ein winziges Detail: Falten am Kragen und Ärmel in weiß würden dann noch fehlen.

Der Verschluss der Taille ist auch fertig. Das Plastron wird zugehakt und darunter verbirgt sich der Hauptverschluss entlang der mittleren Nahtkante, ebenfalls aus Haken.





Stickerei


Links dann das Motiv für den Kragen. Wieder habe ich mir das Motiv aus dem Motiv für das Plastron erstellt, da es auch für den Kragen kein eigenes Motiv gegeben hat. Und ich habe natürlich auch schon mit der Stickerei begonnen. Aber da ich nun parallel an zwei Projekten arbeite, dauert es

Stickerei





etwas länger, als bisher, aber dafür gibt es wundervolle Unterhaltung nebenbei.

Nachdem ich am Freitag beim Mantelet eine mittelschwere Krise bekommen hatte, habe ich mich, nach den Hausaufgaben, ganz und gar meinem Kleid gewidmet und hatte nur Erfolgserlebnisse :-)

1) die Taille ist gesäumt und der Saum ist gleich mit Band versäubert

2) der Kragen ist fertig und angenäht und auch dort die Naht sofort versäubert

3) der Verschluss am Plastron ist nun auch vollständig, bisher war nur der normale Verschluss angenäht, nun ist auch der äußere Verschluss des Plastrons fertig

4) die Knöpfe am Rücken über den Falten sind auch angenäht

Dress    Dress
Nun fehlen nur noch die beiden Taschenklappen an der Taille und dann ist es vollbracht. Zwei Wochen sind vergangen und es hat sich ein "bisschen" was getan. Eigentlich hatte ich ja gedacht, das mir eine DressTasche auf dem Oberrock reichen würde, doch mittlerweile habe ich mich dazu entschieden, die Taschenklappe vom Oberrock auf die Jacke zu übernehmen und dafür zwei kleinere Taschenklappen für den Oberrock zu fertigen. Da ich ja genug Garn habe, wird eine Taschenklappe mehr kein Problem werdenDress und zwei kleinere Taschenklappen sind recht zügig gestickt. Und ja, ich muss die Taille immer noch bügeln, das werde ich aber erst tun, wenn die Taille komplett fertig ist und außer einer weiteren Taschenklappe fehlt(e) noch der gefältelte Krageneinsatz und gleiches noch für die Manschetten. Der Krageneinsatz ist, wie man sieht schon fertig.


Dress
Was fehlt nun noch?

1 kleine Taschenklappe
2 Manschetteneinsätze

Es ist vollbracht! 12,6 m Popeline, 3 m Baumwollfutter, 1 m Twill als Zwischeneinlage, Haken und Augen für den Verschluss, 0,5 m Batist für den Kragen- und Manschetteneinsatz, 264 m Baumwollsticktwist (Madeira 0513/Anchor 44) ergaben insgesamt 792 m Garn das verstickt wurde und am Ende knapp 420 Stunden. Ergebnis: mein erstes Kleid nach einem Originalschnitt ist auferstanden und unbezahlbar.

Hier nun die letzten Bilder des Kleides und einmal in bewegt, noch nicht mit mir darin, da ich mich dafür noch zu extrem einschnüren müssten ;-) .

Armeldetail  Kleid  Kleid

Kleid  Kleid  Kleid

Das Kleid und ich warten nun darauf, dass diese Corona-Pandemie ein Ende hat und wir nach Paris reisen können, um durch die Straßen dieser schönen Stadt flanieren zu können.



Und heute nun noch ein paar Bilder von dem Kleid an mir.

Dress Dress
dress
Dress Dress


Da denkt man, man hat ein Kleid fertig, Pustekuchen. Für meine Reise nach Paris musste ich noch eine Tasche in den Rock einarbeiten. Ich habe zwar eine passende Handtasche, aber für mein Handy und Geld war mir wohler, wenn ich dieses direkter am Körper tragen würde, also entschied ich, dass der Oberrock eine Tasche bräuchte und da ich zwei Taschenklappen hatte, war die Lösung nahe, dass unter einer dieser Klappen auch eine Tasche sein sollte.
Tasche Tasche

Tasche Tasche

Tasche Tasche

Nun aber sollte das Ensemble endgültig fertig sein.