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dem Kochtopf
Federmuff
Es wird animalisch :-).
Ja die Menschen, ganz besonders die Damen in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts hatten schon eine besondere
Beziehung zu Tieren. Man schätzte sie als Haustiere,
aber das hielt die Damenwelt nicht davon ab, ganze
Vogelbälger, Katzenköpfe und andere Tierteile in ihre
Garderobe zu integrieren. Für viele Menschen ist das
heute ein sehr verstörrender Anblick und man wendet sich
angewiedert ab. Doch wenn man seine heutigen moralischen
Standards, ja Tierschutz und Tierwohl müssen heute
beachtet werden, auch Tiere sind Geschöpfe die fühlen
und leiden können, beiseite tut und einfach nur die
Kunstfertigkeit in den Blick nimmt, mit der diese
Accessoires gefertigt worden sind, der wird die
Schönheit dieser Federkunstwerke erkennen können.
Bevor ich zu meinem Machwerk komme, hier drei Beispiele,
die mich definitiv inspiriert haben, auch wenn ich mich
auf nur eine Federnart konzentrieren werde.
So wie dieses elegante Exemplar, welches
zum Bestand des Palais
Galliera in Paris gehört. Es ist auf die Zeit von
1860 bis 1870 datiert. Ich konnte dieses Prachtstück bei
meinem Besuch im Palais Galliera im November 2022 leider
nicht bestaunen, es gehört bedauerlicherweise zu jenen
Exponaten, die nicht ständig in der Ausstellung sind.
Der Muff besteht aus Pfauen- und Fasanenfedern mit
Hermelinbesatz an den Öffnungen für die Hände. Das
Futter innen besteht aus weißer Schafs- oder
Ziegenwolle. Die Besitzerin, Mathilde-Létitzia
Wilhelmine Bonaparte, eine Nichte des großen Napoleon
Bonaparte, besaß mit diesem Exemplar auf jeden Fall
einen Hingucker, wenn sie promenieren ging.
Dieses Exemplar
aus dem Victoria
& Albert Museum in London besteht gänzlich aus
indischen Pfauenfedern und wurde auf ca. 1885 datiert.
Er ist mit schwarzer Seide gefüttert und hat zusätzliche
Federanhänger und gehörte einmal Lady Pickthorn, sie gab
dieses außergewöhnliche Exemplar an das Museum.
Das dritte Exemplar findet sich im Museum
of New Zealand Te Papa Tongarewa und ist Teil der
dortigen Taonga Mā0ri Collection. Der Muff dort besteht
aus Kiwifedern und ist auf 1890-1920 datiert. Er hat
etwas besonderes an sich, nicht farblich oder das die
Federn besonders auffällig wären, wie es bei Pfauen
übrig ist, vielleicht ist es aber auch mein Hang zu
Aotearoa Neuseeland habe, aber allein seine Optik. Durch
die besondere Form der Kiwifedern, die ja mehr fellartig
aussehen, wirkt er besonders puschelig. Leider wird
nicht aufgeführt, wem dieser Muff einmal vor der
Winterkälte geschützt hat, aber er ist definitiv einen
Blick wert.
Nun aber zu meinem Versuch mit Federn zu nähen. Zunächst
benötige ich eine Basis für meinen Muff, da ich gerne
mit Schnittmustern
arbeite und bei diesem Muff definitiv eine Füllung
einarbeiten muss, dachte ich mir, ich probiere mal den
Schnitt von Nehelenia Patterns aus. Es ist, wie sich
herausstellte kein Schnitt, sondern eher eine Anleitung,
aber die tut es ja auch, dachte ich mir. Also gedruckt,
gelesen und losgelegt.
Ich habe meinen Kaninchenpelzmuff ausgemessen und mich
für die Maße an diesem orientiert. Entsprechend habe ich
das Schnittteil für den Stoff und das Futter
zugeschnitten, ein drittes Mal werde ich daraus auch die
Basis für den Besatz zuschneiden. Aus dem Stoff und dem
Futter habe ich entsprechend der Anleitung zwei Röhren
hergestellt, diese ineinander gesteckt und
zusammengenäht und dann musste
ich die Hülle nur noch durch eines der drei Löcher
wenden. Gesagt, getan, gescheitert, denn am Ende war
das, wo ich meine Hände reinstocken wollte, zugenäht und
der Bereich, über den später die Federn liegen würde,
bot zwei Öffnungen. Irgendwas hatte ich falsch gemacht,
die Anleitung wurde nochmals geprüft, doch ich konnte
meinen Fehler nicht entdecken, alles zurückgewendet und
mehrmals immer durch ein anderes Loch gewendet, doch
nichts, es blieb dabei, die Öffnungen
waren icht da, wo ich sie benötigte.
Also habe ich Nehelenia Patterns kontaktiert, vielleicht
können mir die Expertinnen dieses Schnittes/Anleitung
weiterhelfen.
Um aber einen groben Eindruck von meinem späteren Muff
zu bekommen, habe ich auf einem Probestück meine
Pfauenfedern ausgelegt, auch um zu prüfen, ob ich
genüngend Federn haben würde. Und zu meinem
großen Glück reichen meine Federn aus. Ich habe noch
genügend um die Federn dichter zu legen oder ein
weiteres pfauiges Accessoire herzustellen, ich habe da
noch einen Fächerrahmen und Fächerblatt.
Nehelenia Patterns hatten sich nach ein paar Tagen
zurückgemeldet und es stellte sich heraus, dass sich in
die Anleitung tatsächlich der Fehlerteufel
eingeschlichen hatte. Mittlerweile ist der Fehler
behoben, ich habe sogar eine neue Anleitung bekommen
gehabt und kann nur feststellen, dass man bei Nehelenia
Patterns wirklich gut aufgehoben ist, ein wirklich
tolles Team.
Bevor ich den Kampf mit den Federn
aufnehmen wollte, musste ich mich noch für eine
Kordelfarbe entscheiden. Da mir so etwas immer schwer
fällt, habe ich in einigen Facebook Gruppen gefragt und
das Rennen hatte das dunkle Grün gemacht gehabt und so
wurde es auch das dunkle Grün.
Mittlerweile ist der Muff gefüttert und
gestopft und er ist schön kuschlig warm. Natürlich ist
er nicht so groß, er wird also eindeutig etwas für meine
Tournüren-Ära-Kleider und nicht fürs Empire. Aber
vielleicht mache ich auch mal einen Muff für meine
Empirekleider, vielleicht finde ich dafür ja alten
Winterhermelin (steinigt mich, aber ich steh dazu, dass
ich kein Problem mit Pelz habe und recycelt ist das arme
Tier nicht umsonst vor wer weiß wie vielen Jahrzehnten
gestorben). Aber zurück zu menem Federmuff.
Zuerst habe ich die Federn so aufgenäht, dass die
Pfauenaugen so richtig schön ins Auge springen,
entsprechend hatte ich die Federn beschnitten, aber je
länger ich drauf schaute, umso unnatürlicher fühlte sich
das ganze an. Also wieder alle Federn runter (die
beschnittenen Federn werde ich schon noch anderweitig
verwenden können, irgendwie) und habe die Federn natürlich gelassen. Jetzt
verdecken zwar die Federspitzen die meisten
Pfauenaugen, aber irgendwie empfinde ich das Ganze nun
harmonischer, dann blitzen die Pfauenaugen eben nur hier
und da durch.
So kann dann der getragene Muff aussehen.
Nachdem die ersten Reihen angebracht waren, habe ich den
Bezug einmal auf den Muff gelegt. Man wird also so oder
so die Pfauenaugen erkennen können. Ich hoffe nur, dass
der Stoff nicht durchblitzen wird. Anfangs habe ich die
Spitzen auch noch angenäht, doch dann werden die Federn
mit der Zeit unschön, weil sie sich auftrennen. Daher
habe ich dann später nur noch am Kiel angenäht, aber
dann könnte es passieren, dass die Federn abstehen, wenn
der Bezug auf dem Muff liegt. Sollte das geschehen,
werde ich wohl ganz vorsichtig mit meinem
Dampfbügeleisen die Federn in Form bügeln müssen. Und noch einmal mit etwas Abstand
betrachtet. Er wird vielleicht nicht so opulent, wie der
Federmuff aus dem Palais Gallierea oder nicht so
puschelig aussehen, wie der Kiwifedermuff, aber er wird
ganz bestimmt trotzdem ein Hingucker werden.
Da hat man über Tage hinweg mühevoll fast 100
Pfauenfedern aufgenäht, eingekürzt und darauf geachtet,
dass keine Feder beschädigt wird und dann stellt man
fest, dass die Federn nicht ausreichen. :-( Am
einfachsten wäre es natürlich gewesen, wenn ich einfach
weitere Federn nachbestellt hätte, aber da zum einen
sich der Preis fast verdoppelt hatte und ich zum anderen
eigentlich für alle Projekte diesen Jahres (Ausnahme
mein Dezember-Projekt) keine Hauptzutaten kaufen wollte
sondern endlich mal meine Vorräte aufbrauchen wollte,
blieb mir nur eines zu tun: die fast 100 Federn wieder
sorgfältig abtrennen, den Bezug neu nähen und dann alle Federn wieder
aufnähen, dieses Mal jedoch mit etwas mehr Abstand
zueinander. Es war frustrierend, aber was blieb mir
anderes übrig, somal das Geld ohnehin knapp war,
aufgrund der anhaltenden Preissteigerungen im modernen
Leben.
Nach ein paar Reihen, habe ich stets die restlichen
Federn aufgelegt, um zu überprüfen ob sie reichen
würden, im Ideal wollte ich vier Federn übrig behalten,
um diese als Deko für die Kordel zu verwenden. Ein Gutes hatte das Ganze, ich konnte so
die Federn neu platzieren und sicherstellen, dass man
auch die Pfauenaugen besser sehen kann.
Die Kordel habe ich dann auch einmal
weiter bearbeitet. Den Muff will ich nicht um den Hals
tragen, sondern einfach nur per Hand. Auf einer Seite
hängen nun vier Kordelenden, mit denen die
Eingriffsöffnungen auf Größe gebracht worden sind. Zwei
sollen, so der Plan mit Pfauenaugen besetzt werden, die
anderen zwei sollen Quasten aus Pfauengras erhalten. Wie
ich das Ganze umsetzen möchte, weiß ich allerdings noch
nicht so genau, kommt Zeit kommt Rat.
Schließlich waren irgendwann wieder 96 Pfauenfedern
aufgenäht und dieses Mal hatte es genau gereich. Also
konnte ich endlich den Bezug entlang der schmalen Kante
schließen und den Bezug über den Muff ziehen.
Wie erwartet stehen die Federn nun erst
einmal in alle Richtungen ab, man kann bis auf den Bezug
schauen und das soll am Ende natürlich nicht sein. In
meinen Handarbeitsbüchern fand sich leider nichts zum
Umgang mit Federn, also googlte ich weiter und befragte
Mitglieder anderer Nähgruppen und am Ende habe ich dann
eine Möglichkeit gefunden, die Federn an die Form des
Muffs anzupassen.
Mein Nudelholz habe ich zunächst mit einem Küchentuch
überzogen und dieses dann in den Muff getan.
Anschließend habe ich ein weiteres Küchentuch behutsam
über den Muff gelegt und mit einem Dampfbügeleisen in Wuchsrichtung mit gut
Dampf gebügelt. Das Ergebnis ist schon sehr
vielversprechend. Entlang der Kanten muss ich auf jeden
Fall nochmal drüber bügeln, aber ich muss den Bezug auch
noch an den Muff nähen und
das werde ich als nächstes tun. Auf jeden Fall liegen
die Federn nun schön an und man kann nicht mehr auf den
Stoff schauen. Bleibt noch immer die Frage, wie ich zum
einen die Pfauenaugen an die Kordel bekomme und wie ich aus dem Pfauengras ein paar
ordentliche Quasten fertigen kann.
Am Ende ging es auf einmal ganz schnell. Die Federn
waren ja fertig aufgenäht, also musste ich nur noch den
Bezug an den Muff nähen und die Naht mit einer hübschen
Borte abdecken. Die einzige Herausforderung bestand dann
in der Abdeckung der Kordelenden. für Zwei habe ich
Quasten aus dem Pfauengras hergestellt und für die
anderen zwei habe ich jeweils zwei Pfauenaugen
doppelseitig angenäht.
Er sieht auf dem Foto zwar ziemlich
bräunlich aus, aber je nach Lichteinwirkung irisiert es
ins grüne und das auch sehr stark.