Home Ägypten
Mode
Ausflüge
Gesellschaftsleben
Aus dem Kochtopf
Kleid mit V-Ausschnitt
Die HSM-CHallenge für
Februar 2023 gibt mir die Möglichkeit endlich wieder
modisch in das Alte Ägypten abzutauchen.
Die Aufgabe: Die
Realität ist unrealistisch: Unsere modernen,
von den Medien geprägten Vorstellungen von der
Vergangenheit sind oft sehr begrenzt oder ungenau im
Vergleich zu dem vollständigen Bild, das die
Forschung offenbart. Farbenfrohe bäuerliche
Kleidung? Die weite Verbreitung von Tagesmützen?
BH-ähnliche Kleidungsstücke im Mittelalter? Fertigen
Sie ein genaues historisches Kleidungsstück an, das
unseren modernen Erwartungen an das, was möglich
oder üblich war, widerspricht!
Als ich damit begann nach Kleidung im Alten Ägypten
zu recherchieren, stolperte ich nur über Kleidung
zum Wickeln, Kleidung, die mit Bändern gegürtet
worden sind. Also alles weit und lose oder gewickelt
und einfarbig, das ist scheinbar die Vorstellung zur
Mode im Alten Ägypten. Und wenn ich mich vom www
wegbewege und ins Museum um die Ecke gehe (quasi um die Ecke) dann finde ich
enge figutbetonte Kleider, die sehr an moderne
Etuikleider erinnern. Was diese Statuen so besonders
macht, sie zeigen in der Regel immer Frauen, die
solche Kleider ohne Ärmel tragen, figurbetont, wie
reingenäht. Gefunden hat man bisher nur wenig
Kleidung was, zum einen an der Fragilität des
Materials liegt und an dem Umstand, dass
mittlerweile tausende von Jahre vergangen sind.
Tunicaähnliche Kleidungsstücke hat man schon mehr
gefunden, auch weite, so wie man sie noch heute in
Ägypten findet, doch alle Tuniken, die man bisher
fand haben eines gemeinsam, sie sind mi langen
Ärmeln versehen. Gaukeln uns also die alten Ägypter
mit ihren Statuen etwas vor? Nun was für die
Ewigkeit erhalten bleiben sollte, war stets
besonders, entweder besonders aufwendig gearbeitet
oder wirklich etwas nicht alltägliches.
Es gibt, laut dem Beiheft zur Sonderausstellung "De
kleren van de farao" (1) des Rijksmuseum van
Oudheden in Leiden, nur zwei gefundene Exemplare
solch ärmelloser Kleider mit V-Ausschnitt.
Das erste Exemplar wurde bei einer Ausgrabung in
Gizeh gefunden und bedeckte die Mumie einer Frau und
wurde vom Grabungsteam wie folgt beschrieben: "Ein großes
Stück Leinen war über den Körper gelegt und sah aus
wie eine Tunika mit V-Ausschnitt, die die Arme und
den unteren Teil der Beine unbedeckt ließ" (2). Da
das Kleid bei der Untersuchung der Mumie zerstört
worden war, läßt sich nicht mehr sicher sagen, wie
es gefertigt worden war.
Das zweite Exemplar (das zweite von zwei gefundenen
Exemplaren!) wurde während einer gemeinsamen
Hannover/Berlin-Grabung in Sakkara entdeckt (3).
Bedauerlicherweise war auch dieses Kleid in einem
sher schlechten Zustand und auch dieses ließ eine
Herstellungstechnik nicht ausfindig machen.
Für die Version mit Ärmel dient das älteste
Kleidungsstück der Welt, das Tarkan-Dress als
Beispiel und es gibt
erhaltene Exemplarer ganzer Tuniken in diesem Stil.
Ich bin natürlich keine Ägyptologin, aber die
praktische Näherin in mir würde jetzt einfach
experimentieren und würde den Schnitt für ein Kleid
mit V-Ausschnitt und Ärmeln einfach die Ärmel kürzen
und zwar so sehr kürzen, dass man nur noch die
breiten Streifen hat, die als Träger dienen und die
Brust bedecken.
Und da das erwähnte Buch (1) eine
Schnittbeschreibung enthält, werde ich genau dieses
Experiement wagen und ein Kleid mit V-Ausschnitt
fertigen, modisch eher Altes Reich, aber, ich
erlaube mir nochmals den Vergleich zum modernen
Etuikleid, zeitlos.
Quellen:
(1) Die Kleider des Pharao - Die Verwendung von
Stoffen im Alten Ägypten, Gillian
Vogelsang-Eastwood, 1995.
(2) Reisner, G.A., 1942 A History of the Giza
Necropolis, vol. 1, Cambridge Mass.
(3) Munro, P., 1983, Der Unas-Friedhof Nord-West 4/5
Vorbericht über die Arbeiten der Gruppe
Hannover/Berlin in Saqqara., S. 102 - 103, in
Göttinger Miszellen S. 81 - 109.