Charles Frederick Worth
Ein Engländer wird Vater der Haute Couture
Damals und heute noch gilt Paris
als Hauptstadt der Mode, als deren Zentrum, auch wenn
Paris heute von London, Mailand und New York Konkurrenz
bekommen hat, so schaut die Welt dennoch mehrmals im
Jahr nach Paris für die Haute Couture und Pret-à-Porte
Schauen diverser Modedesigner.
Charles Frederick Worth war nicht der erste Designer,
aber unzweifelhaft einer der erfolgreichsten. Doch wie
sah sein Leben aus und wie wurde er zum Vater der Haute
Couture?
Geboren wurde Charles Frederick Worth am
13. November 1825 in Bourne, Lincolnshire als Sohn von
William und Ann Worth. Seine Kindheit war vermutlich
nicht immer rosig, sein Vater war Anwalt und die Ehe der
Eltern galt lange Zeit als zerrüttet und William Worth
verließ 1836 die Familie, nachdem er alles Vermögen
durchgebracht hatte. Von da an lebte Ann Worth mit den
Kindern verarmt und ohne finanzielle Unterstützung
allein. Um die Familie finanziell zu unterstützen und zu
entlasten begann Charles in einer Druckerei zu arbeiten,
er war damals gerade erst 11 Jahre alt. Doch schon nach
einem Jahr zog er nach London und begann eine Lehre im
Kaufhaus Swan & Edgar, wo er sieben Jahre lang tätig
war, ehe er im Tetilgeschäft Lewis & Allenby
angestellt wurde.
Im Alter von 21 Jahren ging er schließlich nach Paris,
ohne Französischkenntnisse und mit ganzen 5 Pfund an
"Vermögen". Er war Verkaufsassistent bei Gagelin-Opigez
& Cie, einem äußerst renomierten Unternehmen,
welches Seidenstoffe und Kaschmierschals an die
Hofschneider verkaufte. Hier lernte er auch Marie
Vernet kennen, die er im Jahr 1851 ehelichte. Ein Jahr
später verstarb seine Mutter in Highgate, London.
Worth fing an Kleider zu fertigen, seine frühen Designs
waren einfach, aber seine qualitativ hochwertige
Schneidere sorgte für die Aufmerksamkeit der Kunden, so
dass Gagelin die Erlaubnis erteilte, das Worth eine
Kleiderabteilung eröffnen konnte. Selbst The Times
erwähnte den jungen Charles Frederick Worth bereits in
einem Artikel aus dem Jahr 1858.
"Der junge Worth, voller Ideen, hatte bei Gagelin einen
solchen Erfolg, dass es für notwendig gehalten wurde,
seine Unbesonnenheit einzudämmen." Worth war äußerst
erfolgreich, wenn auch weiterhin ohne eigenes Geschäft.
Schon im Jahr 1851 hatte er preisgekrönte Entwürfe für
die Große Weltausstellung in London und die Exposition
Universelle in Paris entworfen. Er sorgte somit für eine
enorme Stärkung des internationalen Rufs von Gagelin und
dennoch hatte man ihm eine Beteiligung am Geschäft
verweigert.
Worth und seine Frau marie hatten zwei Söhne, Gaston
Lucien (1853) und Jean Philippe (1856) und um für seine
Familie mehr Unabhängigkeit zu erlangen, war er bestrebt
ein eigenes Geschäft zu eröffen, denn schließlich hatte
er bereits einen bekannten Namen.
Zusammen mit einem jungen Schweden, Otto Gustaf Bobergh,
den er als Geschäftspartner hatte gewinnen können,
eröffnete er ein Geschäft in der Rue de la Paix 7 unter
dem Namen "Worth und Bobergh" fertigten sie
Damenkleidung und Worth Ehefrau Marie Vernet Worth
hatte von Anfang eine wichtige Schlüsselrolle inne
gehabt. Sie verkaufte nicht nur die Kleidung ihres
Gatten und seines Partner, sie gewann auch viele neue
Kunden für das Geschäft.
Von da an stellte sich der Erfolg sehr schnell ein.
Schon im Jahr 1860 bewunderte die französische Kaiserin
Eugénie ein Ballkleid, das Worth für die Prinzessin von
Metternich entworfen hatte. Sie erbat sich den Namen der
Schneiderin und verlangte selbigen am nächsten Tag zu
sehen. Die Prinzessin von Metternich schrieb hierzu in
ihren Memoiren. "Und so wurde Worth bekannt gemacht und
ich war verloren, denn von diesem Moment an gab es keine
Kleider mehr zu 300 Franc." Denn Worth ersetzte umgehend
Madame Palmyre, die bis dahin die Lieblingsdesignerin
und Schneiderin der Kaiserin gewesen war. Zu den
berühmten Kundinnen gehörten unter anderem auch Königin
Viktoira und natürlich auch Kaiserin Elisabeth von
Österreich.
Innerhalb eines Jahrzehnts wurden seine Entwürfe
international gefragt. In den 1870er Jahren erschienen
sie in Modemagazinen, die von einer breiteren
Gesellschaft gelesen wurden. Möglicherweise wurden seine
Entwürfe auch schon früher in den Modespalten
verbreitet, nachdem Kaiserin Eugénie in Magazinen wie
Godey's Lady's Book erwähnt wurde.
Worth veränderte auch die Beziehung zwischen Kundn und
Bekleidungshersteller grundlegend. Zuvor besuchten
Schneiderinnen das Haus ihrer Kundin für eine
Einzelberatung, besuchten die Kundinnen nun den Salon
von Worth und Bobergh in der Rue de la Paix, um sich
beraten zu lassen, Ausnahmen wurden natürlich für die
königlichen und kaiserlichen Kundinnen gemacht. Er war
auch der erste, der lebende "Schaufensterpuppen"
verwendete. Zunächst war seine Frau das erste Modell in
den 1850er Jahren, Worth beschäftigte dann weitere
Frauen, die seine Kleider den Kundinnen vorführten.
Während des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71
musste das Haus Worth und Bobergh vorübergehend
schließen und die Räumlichkeiten wurden zu dieser Zeit
als Lazarett genutzt. Dann endlich im Jahr 1871 konnte Worth wieder
eröffnen, doch ohne Bobergh, von da an wurden die beiden
Söhne in das Geschäft eingeführt.
Als das Modehaus eröffnet wurde, hatte es 50
Mitarbeiter, mit den Jahren wuchs die Zahl der
Beschäftigten auf übe 1.200 Mitarbeiter. Die Arbeit bei
Worth verlangte eine akribische Liebe zum Detail,
Finesse und selbstverständlich höchste Handwerkskunst.
Eine Taille von Worth konnte bis zu 17 Materialstücke
enthalten um eine perfekte Passform für seine Trägerin
zu gewährleisten. Die Näherinnen arbeiteten in
verschiedenen Abteilungen und waren auf bestimmte Teile
spezialisiert, so fertigten einige Näherinnen nur Ärmel,
andere nähten die Säume oder stellten Röcke her.
Die Kleider im Hause Worth wurden überwiegend in
Handarbeit genäht, obwohl die Nähmaschine bereits
erfunden und von den meisten Schneiderinnen genutzt
wurden.
Das besondere an Worth war natürlich auch seine
Kundschaft. Er war der offizielle Schneider von Kaiserin
Eugénie und fertigte den Großteil ihrer extravagenten
Abendgeradrobe, Hofkleider und Maskeradenkostüme. Er
stand ihr ständig auf Abruf bereit, im Jahr 1869 hatte
sie, anlässlich der Eröffnung des Suezkanals
entschieden, dass sie 250 Worth-Kleider benötigen würde.
Daneben waren auch Kaiserin Elisabeth von Österreich
Kundin und natürlich auch wohlhanende und sozial
ehrgeizige Frauen wollten unbedingt ein Worth Kleid
besitzen. Vor allem auch viele amerikanische Kundinnen.
Amerikanerinnen reisten nach Paris, um ihre gesamte
Garderobe bei Worth in Auftrag zu geben. SeinVorteil
waren gewiss die Sprachkenntnisse, während seine
Kundinnen kaum Französisch sprachen, konnte er sie in
englisher Sprache bedienen. Auch Schauspielerinnen wie
Sarah Bernhardt, Lillie Langtry und Jenny Lid gehörten
zu seinen betuchten Kundinnen, die sich die Preise bei
Worth problemlos leisten konnten.
Mit dem Ruhm und der Nachfrage stiegen
unweigerlich die Preise. Die letzte Rechnung an die
Prinzessin von Metternich, belief sich auf 2.247 Franc,
für ein lila Samtkleid. Selbst betuchte Kundinnen sahen
sich "gewzungen" ihre Worth-Kleider abzuändern und der
neusten Mode anzupassen, wenn ein neues Kleid aus dem
Hause Worth nicht im Budget war.
Worth war mit seinem Ruhm auch in der Position seinen
Kundinnen und der Damenwelt diktieren zu können, was sie
tragen sollten. Er hatte ein Auge dafür, welche Farben
und welcher Schnitt einer Dame schmeichelte und er
lieferte nicht nur die Kleider, sondern auch gleich die
Accessoires mit dazu, die natürlich absolut auf die
Kleider abgestimmt waren. Generell war Worth für seine
exquisiten Stoffe und verschwenderische Besätze bekannt
und auch für die Einbindung von Elementen aus
historischer Kleidung. Er schuf stets Unikate für seine
wichtigsten Kundinnen, er bereitete aber auch Designs
vor, die von den Mannequins vorgeführt wurden in die
dann für die Kundinnen maßgefertigt wurden. Seine
wichtigen Innovationen waren die Schaffung neuer
Kleidungslinien und ihre Länge. So reformierte Worth den
Trend der Krinoline und ersann eine praktischere
Silhoutte, er machte die Krinoline schmaler und zog den
größten Teil nach hinten: die Tournüre war geboren, auch
die Prinzesslinie geht auf Worth zurück, dabei geht die
Taille in den Rock ineinander über. Auch der
knöchellange Rock, als Wanderrock, geht auf Worth
zurück, er kreierte den kürzeren Saum für Kaiserin
Eugénie, die lange Spaziergänge liebte, aber dabei die
langen Röcke nicht praktisch fand. Die Kürzung des Saums
galt als zu radikal und schockierte die Menschen
seinerzeit.
In den späten 1880er Jahren hatte Worth Teile der
modernen Couture etabliert, zwei mal im Jahr
präsentierte er saisonlae Kollektionen und führte das
Franchising von Mustern und Modeteilen ein. Seinen
Biographen zu folge, soll er auch den Mythos des
"männlichen Modediktators" mehr als erfolgreich gepflegt
haben.
Im Jahr 1892 wurde eine Villa in Suresnes in der Nähe
des Bois de Boulogne errichtet, der Bau erfolgte durch
seinen ältesten Sohn Gaston. Charles Frederick Worth
hatte zudem noch ein Haus auf der Champs-Élysées.
Heute liegt auf diesem Grundstück ein Krankenhaus und es
ist nicht mehr viel übrig vom alten Glanz.
Worths Söhne wurden in den frühen 1890er Jahren immer
aktiver im Unternehmen, was daran lag, das Charles
Frederick Worth mit einer Vielzahl von gesundheitlichen
Problemen zu kämpfen hatte, unter anderem litt er immer
häufiger an Migräne. Er war in den letzten Jahren nicht
mehr täglich im Unternehmen zu gegen, aber er blieb
aktiv. Doch als er am 10. März 1895 im Alter von nur 69
Jahren verstarb, lautete die Diagnose: Lungenentzündung.
Sein Tod wurde mit großer Trauer
aufgenommen, eine Vielzahl von Todesanzeigen in der
ganzen Welt, bewiesen wie sehr er gefeiert worden war.
Zudem war er nicht nur ein gefeierter Modeschöpfer,
sondern auch ein großzügiger Spender für französische
Wohltätigkeitsorganisationen und begeisterter Sammler
von Kunstwerken und Kuriositäten. Die Trauerfeier für
ihn wurde in der evangelischen Kirche in der Avenue de
la Grande Armée abgehalten und wurde nach den Riten der
Church of England abgehalten. Beigesetzt wurde er auf
dem Gelände seiner Villa in Suresnes, es gibt auf dem
Cimetière Carnot de Suresnes befindet sich das Familiengrab der
Familie Worth.
Nach dem Tod von Charles Frederick Worth übernahm
zunächst seine Ehefrau Marie die Leitung des
Unternehmens, doch sie starb drei Jahre später
ebenfalls. Von da an leiteten die Söhne das Geschäft
gemeinsam und blieben weiterhin sehr erfolgreich. Die
erfolgreichsten Jahre waren wohl die Jahre um 1900, in
denen sich die Frauen teilweise jeweils 20 bis 30
Kleider bestellten. Bis ins Jahr 1897 konnten die
Kundinnen ihre Kleider sogar telefonisch bestellen oder
auch per Post in den Filialen in London, Cannes oder
Biarritz. Der Jahresumsatz des Unternehmens lag 1900 bei
ca. 5. Millionen Franc.
Worth Vermächtnis liegt darin, dass er seine Kleider als
Kunst betrachtete, er war es, der als erster Kleider
entwarf, die nicht aufgrund des Geschmacks der Kundin
entstanden, sondern nach seiner Vision, was Frauen
tragen sollten. Er war auch der erste, der in seine
Kleider Etiketten mit seinen Namen nähen ließ. Somit war
er auch der erste, der ein eindeutiges Markenloge für
Kleidung entwickelte. Bis heute wird das Andenken an ihn
gepflegt. Das Victoria and Albert Museum in London
besitzt ein Archiv mit seinen Entwürfen, sowohl als
Skizzen, als auch fertige Kleidungsstücke. 1956 spendete
das House of Worth dem Museum 23.000 Zeichnungen und
Kleider.
Das Metropolitan Museum of Art besitzt ebefalls ein
Archiv seiner Werke und mehrere Abendkleider. Und in
seiner Heimatstadt Bourne, Lincolnshire wurde eine
Charles Worth Gallery eröffnet mit Dokumenten,
Fotografien und Artefakten.
Im Jahr 1924, das Haus Worth wurde von Jacques Worth,
seinem Enkel, geleitet, erschloss man sich den
Parfummarkt. Der erste Duft wurde von Parfumeur Maurice
Blanchet kreiert und unter dem Namen "Dans La Nuit"
verkauft, der Flacon wurde von René Lalique geschaffen.
Les Perfumes Worth wurden als eigenständiges Unternehmen
gegründet und verkaufte zwischen 1924 und 1947 über 20
Düfte.
Das Unternehmen blieb erfolgreich unter Worth
Nachfahren, musste sich aber mit einer immer größer
werdenen Konkurrenz auseinandersetzen. 1959 wurde das
Haus Worth von Paquin übernommen, im Jahr 1952 endete
der Einfluss der Familie Worth mit dem Rücktritt von
Roger Worth, dem Ur-Enkel von Charles Frederick Worth.
1956 wurde das Haus Worth schließlich geschlossen, es
verblieb nur noch Les Perfumes Worth bestehen, welches
jedoch 1987 ebenfalls verkauft wurde und seit dem immer
wieder den Besitzer wechselt, so 1992 und zu letzt 1999
(Lenthéric).
1999 wurde von Geschäftsleuten (Dilesh und Hitesh Mehta
und martin McCarthy) die Marke "Worth" wiederbelebt. Das
Couture Geschäft wurde mit einer ersten neuen Kollektion
im Frühjahr/Sommer 2010 wiederbelebt, blieb aber
erfolglos so dass die letzte Kollektion für
Herbst/Winter 2013 präsentiert wurde, sie produzieren
lediglich weiterhin Parfum, so wurde Dans La Nuit (2000)
und Je Reviens (2005) wieder auf den Markt gebracht und
neue Düfte kreiert.
Was bleibt ist die bekannte Adresse: Rue de la Paix 7,
Paris, die noch heute ein Hort für Luxus ist.