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Dunkelblauer Sonnenschirm

In meiner Sammlung alter Sonnenschirme, habe ich bereits einen neuen bezogen, und für zwei weitere ist der Bezug bereits geplant. Hier kommt nun der detaillierte Austausch des alten Schirmbezuges gegen einen neuen. Aber bevor es an die Hauptarbeit geht, erst einmal Bilder von dem guten Stück, das für das bestickte Tageskleid vorgesehen ist.

Schirm Schirm
Hier der Schirm in seiner ganzen ursprünglichen Pracht. Da dieser Schirm einige Details hat, die ich auch am neuen Bezug umsetzen will, habe ich einige Photos mehr gemacht, als gewöhnlich.

Schirm Schirm
Links einmal die Abdeckung wo sich die Streben treffen und rechts die Abdeckung wo sich die Strefben entlang des Bezuges treffen und auch wo überall der Stoff an den Streben befestigt wurde.

Troddel
Und das letzte Bild, bevor der Schirm auseinandergenommen wurde, die Troddel, die am Schirmstock angebracht wurde. Ich hoffe, dass ich sie halbwegs neu machen kann, passende schmale Kordel habe ih bereits in weinrot gefunden.

















Länge des Schirmstocks: 93 cm
Anzahl der Streben: 12
Bezug: cremefarbener Baumwollstoff kariert mit Wellenstickerei (auf dem ersten Blick in zwei cremefarbenen Tönen)
Form der Streben: entlang des Stoffes rund, Streben zwischen Außenstreben und Schirmstock U-förmig

Vermutetes Alter: Aufgrund der Strebenzahl würde man den Schirm auf um 1915 datieren, die Stiellänge würde auf um 1880 kommen, da Schirme um 1915 eher eine Länge von 110-120 cm erreichten, was etwa Brusthöhe ist. Die Form des Griffs lässt mich eher an die Jahrhundertwende denken, daher würde ich mit meiner laienhaften Meinung den Schirm auf die Zeit zwischen 1900-1915 datieren, was eher auf die Form des Griffs und die Anzahl der Streben erfolgt, die Länge würde ja eher auf das späte 19. Jahrhundert verweisen, statt auf das beginnende 20. Jahrhundert. Wer weiß vielleicht war der Schirm ja ursprünglich aus der Zeit um 1880 und wurde später umgearbeitet, anderer Griff und neue Streben.

Zustand: Das Gestell ist soweit in einem guten Zustand, drei Streben sind im Bereich wo sich beide Streben treffen, ein wenig gebogen, aber alle Spitzen sind vorhanden und heile, der Griff ist komplett, nur die Verzierung ist desolatem Zustand, es muss einmal ein Blumenemblem gewesen sein wohl aus einem einfachen Blech gepresst. Da werde ich wenig machen können und belasse es, wie es ist. Der Bezug ist stark verschmutzt, teilweise mit Rostflecken, hat aber ansonsten kaum Löcher, so dass ich eines der Segmente ganz leicht als Schnittmuster für den neuen Bezug nehmen kann.

Maße je Segment: 47 cm Nahtlänge und 22 cm Basiskante

Aber nun geht es weiter mit der "Entkleidung" des Schirms:

Schirm Schirm Schirm


Als erstes habe ich die Stoffmanschette an der oberen Spitze entfernt und dann habe ich nach und nach den Stoff von den Streben gelöst. Immer erst alle Spitzen und dann die nächste Stichebene, bis ich den Stoff von allen Streben entfernt hatte. Dabei kam an den Gelenken eine weitere Abdeckung zum Vorschein, diese habe ich erst einmal dran gelassen und werde sie dann einzeln lösen und ersetzen.

Schirm Schirm Schirm
Und schon war der Schirm "nackt", als ich den Bezug hochgenommen habe, konnte ich erkennen, dass die Nahtenden von einer Abdeckung geschützt wurden. Nun konnte ich auch noch besser den Bezug in Augenschein nehmen.

Schirm Schirm Schirm


Der Bezug von außen, von innen und am Ende sieht man auf einmal hellblaues Stickgarn, das überraschte mich extrem, also habe ich mir den Bezug im Bereich der Wellenstickerei nochmal genauer angesehen.

Schirm
Und siehe da, die Wellen haben mindestens zwei verschiedene Farben. Ich vermute daher, dass die beiden äußeren Wellen in hellblau gehalten waren und die mittlere cremefarben, wohl in einer der Stofffarben. Stellt sich mir die Frage, mache ich drei Reihen Wellen in rot oder zwei in rot und eine in dunklerem Blau, das wird wohl mein Stickgarnvorrat entscheiden.

Die Wellenmuster wurden scheinbar auf jedes Segment einzeln aufgebracht, denn bei Betrachtung der Nähte kann man sehen, dass die Wellen nicht 100% aufeinanderstoßen.


Nachdem nun der Bezug entfernt und "untersucht" wurde, kommt nun der nächste Schritt, die Herstellung des neuen Bezuges.

SchirmBevor ich mich an den eigentlichen Bezug mache, habe ich aber erst einmal die Abdeckungen der Gelenke getauscht. Die Abdeckungen habe ich nach und nach entfernt und habe daraus dann die neuen Abdeckungen zugeschnitten, sie sind etwa 2€-Stück groß.

Schirm





Schirm






Nachdem alle Gelenke neu abgedeckt waren ging es weiter mit dem Ring, an dem alle Gelenkstangen oberhalb des Schiebers zusammenkommen. Da auch hier eine Abdeckung angebracht war, habe ich auch diese entfernt, auseinandergenommen und in farblich passendem Stoff rekonstruiert und neu angenäht.

SchirmWie man sieht, war um diesen Gestängekranz ein Streifen Stoff gerafft, der auch die einzelnen Gestänge ein wenig umschloss. Also habe ich zu erst diesen Stoff entfernt, was auf Grund der Lage nicht ganz so einfach war, da man nicht so leicht rankommt, weil die Streben irgendwie immer im Weg waren.
Schirm





Aber nachdem die obere Naht geöffnet war, konnte ich das Stück Stoff über den Griff entlang abziehen und dann die restlichen Nähte öffnen.

Schirm

Ich habe den Stoff ganz leicht gebügelt, um die genauen Ausmaße abmessen und dann neu zuschneiden zu können. Genauso friemelig wie es war das Stückchen Stoff abzunehmen, war es auch, das Stückchen Stoff wieder anzubringen.

Schirm


Nicht ganz so schön, wie im Originalzustand, aber ich denke in 100 Jahren, dürfte das ähnlich klein geknautscht sein.

Und da der Schirm im Originalzustand auch eine Quaste hatte, muss die natürlich auch farblich abgestimmt werden. Zuerst dachte ich ja, ich könnte einfach über die alten Fäden drüber nähen, sticken, was auch immer, aber ich war mit dem Teilresultaten gar nicht zufrieden. Also habe ich schweren Herzens die originale Bespannung der Quaste aufgeschnitten und entfernt, darunter befand sich ein ganz leichter Holzrohling und den werde ich jetzt neu beziehen.

SchirmFeine Atlaskordel habe ich schon mal durchgezogen und nun muss ich nur noch tüffteln, wie ich die übrige Kordel um den Rohling bekomme. Wie ich mich kenne, wird es am Ende eine recht moderne Nottechnik werden, bis sich etwas besseres findet. Mein Handbuch zu den Handarbeiten aus dem 19. Jahrhundert habe ich schon zu Rate gezogen, im Bereich der Posamentenarbeiten ist einiges zu finden, aber ob ich die Technik rasch erlerne und zu einem zufriedenstellenden Ergebnis komme, das steht wo anders geschrieben. Wir werden sehen. Erst einmal lege ich den Schirm wieder beiseite und arbeite an dem dazugehörigen Kleid weiter.

Nach langer Zeit habe ich auch am Sonnenschirm wieder gearbeitet, die Quaste/Trodel habe ichSchirm farblich angepasst. Auf etwas unorthodoxe Weise habe ich Stickgarn mit Leim über den Rohling befestigt und anschließend habe ich die Atlaskordel durchgezogen und auch noch einmal um die Einkerbung der Quaste gewickelt.

Der Schirm war ja ursprünglich mit einem Wellenmuster bestickt, da ich nicht mehr genug Stickgarn habe, eigentlich nur noch einen knappen Meter, musste ich hierfür umdisponieren. Kurzer Hand habe ich Zackenlitze genommen, die hatte ich noch reichlich übrig, und  habe sie eingefärbt.

Schirm




Die Waschmaschine sah mal wieder aus, wie ein Blutbad und das Ergebnis ist mehr ein sehr dunkles weinrot, aber besser als das Orange auf alle Fälle und es wird wahrscheinlich nicht ganz so sehr ins Auge fallen.Schirm

Auch habe ich die einzelnen Segmente schon zugeschnitten, vielleicht wird er dieses Jahr noch fertig. Nachdem die Segmente zugeschnitten sind und die Borte fertig gefärbt, werde ich als nächstes die Borte auf die einzelnen Segmente applizieren, jeweils drei Reihen, wie auch auf dem Original gewesen sind. Im Vergleich zur Kordel ist der Ton gar nicht so stark abgewichen.



Schirm  schirm

In der vergangenen Woche habe ich mühevoll die Zackenlitze auf jedes Schirmsegment aufgenäht, so unsichtbar wie irgend möglich. Mit feinem dunkelblauen Garn habe ich Zacke für Zacke aufSchirm die zwölf Segmente gebracht. Der
erste mühselige Schritt war, die Litzenabschnitte alle auf einer Höhe anzubringen. Eine Litze ist mir offenbar beim Nähen etwas abgerutscht :-(. Aber das Kleid wird alle eh vom Schirm ablenken.

Zwölf Segmente waren dann nach fünf Tagen endlich fertig besetzt und konnten dann schon einmal zur Probe auf den Schirm gesteckt werden, ehe ich jedes Segment einzeln, von Hand natürlich, mit schmaler Saumkante mit Französischer Naht, zusammennähe. Ich hoffe mal, dass das Loch für das Schirmgestängt dann immer noch groß genug ist, sollte eigentlich, aber man weiß ja nie. Zumindest bei der "Anprobe" hat alles gesessen.
SchirmSpannend wird dann nach den Feiertagen, wie gut der Bezug am Ende sitzen wird, wenn er an allen vorgesehenen Stellen mit dem Gestänge verbunden wurde. Und dann fehlt noch die letzte kleine Abdeckung für die Schirmspitze und der Verschluss.

Ich glaube ich habe im letzten Jahr oder sogar vorletzten Jahr das letzte Mal an diesem Schirm gearbeitet, wahrscheinlich auch ein wenig aus Frust, weil mein Plan mit Französischer Naht dazu führte, dass die Besätze nicht mehr aufeinanderstießen sondern Brüche drin waren. Im neuen Anlauf, werde ich es rechts auf rechts steppen und dann die Nahtzugaben ganz schmal umlegen. Ich hoffe, dass das so besser aufgeht.

IrgendwieDetail ließ mir der Sonnenschirm und seine Nahtverarbeitung keine Ruhe. Mein Hang, vielleicht der innere Monk, wollten die Litze partout perfekt aufeinanderstoßen lassen. Als ich noch einmal die originalen Stoffsegmente betrachtet habe, ist mir aufgefallen, dass dort die Wellen auch nicht ordentlich aufeinanderstoßen, da verschieben sie sich auch auch. Warum will ich es unbedingt Bruch an Bruch? Warum kann ich mich damit nicht arrangieren? Wahrscheinlich weil ich immer denke, das war damals sicherlich auch so ordentlich Kante auf Kante und habe beim ersten Blick gar nicht so sehr darauf geachtet, ob das nun alles 100% aufeinandertrifft. Da es das ganz offensichtlich nicht tut, werde ich wieder mit der französischen Naht arbeiten, denn das erspart mir am Ende die frimelige Arbeit die Nahtzugaben umzulegen und mit feinen Stichen zu versäubern. Also wieder alles auf Anfang.
Schirm
Warum habe ich nochmal Sorge gehabt, dass die Litze nicht ordentlich aufeinander trifft an den Nähten? Bis jetzt passt es sehr gut.

In kleinen Schritten wächst der Bezug zusammen, in wirklich sehr kleinen Schritten, weil ich bis zum 2. September mein Elbenkleid halbwegs fertig bekommen. Schirm
Anfangs hatte ich die untere Kante auch gleich gesäumt gehabt, aber ich werde erst einmal die einzelnen Teile zusammenzunähen.

SchirmEndlich dachte ich, wäre der Schirmbezug fertig, dann habe ich ihn wieder aufgezogen und wurde bitterlich enttäuscht.Schirm Das Resultat war ca. 2 cm zu kurz und viel zu eng, die Streben haben sich total gebogen, also habe ich den Stoff rasch wieder abgenommen und habe neuen Stoff zugeschnitten, länger und etwas weiter. Dieses Mal werde ich aber das Wellenmuster aufsticken müssen. Das Original war ja auch bestickt, also wird der zweite Versuch näher am Original sein. Ich hoffe nur, dass der zweite Versuch von Erfolg gekrönt sein wird.

SonnenschirmIrgendwie ein wenig frustrierend, dass alles von vorne beginnt, aber eine andere Lösung gab es nicht, die Nähte vom alten Bezug auftrennen hätte nichts gebracht, da die Nahtzugaben gekappt worden sind, naja aus Schaden wird man klug, der Seidentaft wird großzügiger zugeschnitten, wenn ich den schwarzen Seidenschirm mit einem neuen Bezug versehe.