In den späten 1860er Jahre war es in Mode gekommen
über dem Rock eine glatte Tunika zu tragen. Diese wurde schon
1868 in Draperien derart um die Hüften gelegt, dass sie
rückwärts bauschten und mittels eines Gestells in Form
gehalten werden musste. Die Geburtsstunde der Tournüre. Die
Tournüre war ein hufeisenförmiges Gestell aus Roßhaarpolstern
und Stahlschienen und wurde um die Taille gebunden. Die
Krinoline verschwand von nun an für immer aus der Alltagsmode,
nur gelegentlich wurde ein einzelner Reif im Saum getragen, um
eine gewünschte runde Form zu erhalten.
Abermals wuchsen die bauschig emporgerafften Schöße des
Oberrocks in die Länge, was zur Folge hatte, dass auch bei
Tageskleidern die Schleppe wieder in Mode kam. Die Taillen
waren kurz und die Röcke begannen bereits kurz unter der
natürlichen Taille zu bauschen, was den Effekt hatte, dass die
Damen scheinbar einen sehr kurzen Oberkörper hatten. Die
Korsetts wurden wieder äußerst eng geschnürt.
Die Taillen hatten oft einen jacken- oder westenähnliche
Schnitt mit westenartigen Einsätzen, die unten oder oben
hervorblitzten. Bei Tageskleidern war die Taille stets
hochgeschlossen und mit langen Ärmeln versehen. Wieder kommen
Pagoden- und Bischofsärmel in Mode, auch andere Ärmelformen,
solange sie unten offen sind, werden gerne getragen. Einzig
bei Ballkleidern war ein Dekolleté erlaubt, wo es auch gleich
sehr groß war und die Ärmel kaum die Schulter bedeckten.
Im Allgemeinen waren die Kleider zu Beginn der 70er Jahre
reich verziert, ein zuviel an Rüschen, Blüten, Falten,
Bändern, Schleifen, Perlen, Federn, etc. war kaum möglich,
entsprechend teuer waren Kleider der damaligen Zeit dann
auch.
Die Frauen, die es sich nicht leisten konnten, ihre
Garderober von einer Schneiderin alljährlich auf den
neusten Stand der Mode bringen zu lassen, nähten sich ihre
Kleider selber, dabei waren die Stoffe entsprechend
einfacher und die Verzierung wenige üppig. Das, was uns
die Modekuper von damals zeigen, konnte sich nur ein
geringer Anteil der Damenwelt leisten und je geringer das
monatliche Einkommen einer Familie war, umso einfacher
oder gar altmodischer waren die Kleider, denn
selbstverständlich konnten sich die unteren Schichten
nicht jedes Jahr neue Kleider leisten. Sie wurden
stattdessen abgeändert und aufgetragen, so lange es nur
irgend möglich war.
Und hier noch drei
Bilder aus dem Jahr 1875. Die Frauenzeitschriften von damals
mögen nicht sehr handlich sein, das vorliegende Exemplar hat
ca. A3-Format. Die Zeitschriften von damals enthielten
ursprünglich colorierte Modekupfer, Schnittmuster und
einige sogar Stoffproben. Leider sind die Schnittmuster
heutzutage nur noch selten enthalten, häufiger finden
sich noch colorierte Modekupfer, diese aber meist auch
rausgeschnitten. Ich bin aber sehr froh, das ich ein paar
Exemplare mit colorierten Modekupfern habe und andere auch mit
den original Schnittmusterbögen aus dem Jahr 1870 und dann
auch noch aus Paris.
Eine herrliche Doppelseite mit wundervollen Kleidern.