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Vom Biedermeier bis zur Krinoline


BiedermeierNapoleon war endgültig geschlagen und in Europa, vor allem aber in Deutschland, machte sich der Geist der Rückbesinnung breit. Statt Freieit, Aufbruch und Beweglichkeit hießen die neuen Tugenden "Häuslichkeit, Biederkeit und Genügsamkeit". Für die Damen hieß das zurück zu steifen Formen und Miedern.

In den ersten Jahren nach dem endgültigen Sturz Napoleons und seiner Verbannung nach Elba und schließlich nach St. Helena, blieb zunächst die Empiremode erhalten. Die Taille saß noch immer unter der Brust, doch der Rocksaum wanderte bis zum Knächel, die Ärmel wurden lang und die Kleider reichten bis zum Hals, wo sie mit Halskrausen besetzt waren. Zudem wurden die Röcke immer kürzer, bis sie Mitte der 1820er Jahre bis zur Hälfte der Waden hochrutschten und so den Blick auf die Unterhosen der Damen freigaben. Um 1820 schließlich hielt das Korsett langsam wieder Einzug in den Kleiderschrank jeder Dame, denn die Taille wurde wieder vermehrt geschnürt.

Das Ideal der Dame war blass und viel in Ohnmacht, so stellte man sich im Biedermeier eine schöne Frauenseele vor. Wo die Ohnmacht nicht durch Schnüren erreicht werden konnte oder wollte, half eine ausreichendes Maß an schauspielerischem Talent, um die Ohnmacht zumindest vorzutäuschen. Die schlanke, zerbrechliche Taille wurde aber nicht nur mit der Wiederentdeckung des Korsetts hervorgebracht, vielmehr half man auch an anderen Stellen nach. So wurde die Schulterpartie verbreitetert und wandertete immer weiter von den Schultern herunter. Auch die Ärmel versuchten eine schlanke Taille zu unterstützten, indem sie zu riesigen Keulen, sogenannte Hammelkeulenärmel, auswuchsen und selber Stützung von innen benötigten. Gleichzeitig wurde aber auch der Rock immer weiter und wurde durch immer zahlreicher werdende Unterröcke gestützt. Die Unterröcke wurden schließlich durch Roßhaar oder KordelnBiedermeier verstärkt, damit sie das Volumen der zahlreichen Röcke überhaupt noch tragen und die gewünschte Glockenform erzielen konnten . Die Sanduhren-Silhoutte war geboren. In der Regel konnte man unter dem Kleiderrock gut und gerne mindestens vier Unterröcke zählen, mit den Jahren wurden es mehr und mehr, in den 1850ern erhöhte sich die zahl der Unterröcke nochmals, die zusätzlich mit zahlreichen Volants besetzt waren, bis 1856 der Krinolinenunterrock mit Federstahl auf den Markt kam und die Damen die Zahl der Unterröcke auf Minimum reduzieren konnten und wieder mehr Bewegungsfreiheit hatten, bis der Umfang der Röcke diese wieder einschränkte.

Die Keulenärmel hielten sich bis zur Mitte der 1830er Jahre, ehe sie 1836 schmalen Ärmeln Platz machten und somit die Damen wieder normaler aussehen ließen. Und auch die Röcke wurden wieder länger und waren ab ca. 1840 wieder bodenlang.

Ebenso bizarr wie die Damenkleidung aussah, konnten auch die Haare wirken, sie waren Frisurenkunstvoll in Schnecken über den Ohren gesteckt und das Nackenhaar wurde in aufwendigen Knoten hoch frisiert und mit allerlei Bändern und Schleifen verziert. Haare wurden aber nicht nur auf dem Kopf getragen, sondern auch zu Schmuck verarbeitet, der ein beliebtes Freundschaftsgeschenk an den Bräutigam, eine Freundin oder als Andenken an einen Verstorbenen (dann aus dessen Haaren) getragen wurde.


Die Füße steckten in kleinen Kreuzbandschuheh, wie sie die Ballerinen vom Ballett heute noch tragen. Die Schuhe waren flach und ohne Absatz.

Dazu trug die vornehme Dame, ganz gleich ob Adel oder Bürgertum, ohnehin wollte man bürgerlich wirken, selbst als Adel, einen Kaschmirschal, Sonnenschirm und Fächer. Der Sonnenschirm war unabdingbar für die Wahrung der vornehmen Blässe. Außerdem war auch einBiedermeier Hut obligatorisch, dieser war in der Regel eine Schute, mit großer Schleife gebunden und mehr oder weniger stark dekoriert.

Seit den 1830ern hatte sich auch endgültig das Beinkleid für die Damen durchgesetzt und gehörte zum Pflichtbestandteil einer jeden Toilette. Sie bestand aus zwei Stoffröhren, die über die Hüfte reichten und in der Taille mit Bändern zusammengehalten wurde. Anfangs war sie, ebenso die Chemise, schlicht gehalten, doch mit der Zeit wurde auch sie reichlich mit Spitzen und Stickerei besetzt.

Mit den Jahren, als die Röcke länger wurden, die Ärmel wieder normal aussahen, wurden auch die Frisuren wieder schlichter, der einfache Chignon im Nacken mit seitliche Korkenzieherlocken, die lose an den Seiten herunter hingen oder zum Chignon drapiert wurden.


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Ab ca. 1848 beginnt dann in Deutschland das Zweite Rokoko mit ausladenden Krinolinen, viel Rüschen, Volants und reicher Auszier.





Quellen:
"Drunter und Drüber - Drei Jahrhunderte Mode in Rostock", herausgegeben vom Kulturhistorischen Musem Rostock, 2001
"Das große Bilderlexikon der Mode" von Ludmila Kybalová, VEB Verlag der Kunst Dresden, 1981
"Fashion", Sammlung des Kyoto Fashion Institute
"The History of Fashion in France, M. Augustin Challamel, 1882, reprint 2018